Arbeitsrecht Info - 07.2019

Berufsgenossenschaft:

Gewalt gegen Beschäftigte: Gesundheitliche Folgen sind versichert

| Viele Beschäftigte z. B. in Krankenhäusern, Pflege- und Betreuungseinrichtungen erleben in ihrem Arbeitsalltag verbale oder körperliche Gewalt. Aber längst nicht alle wissen, dass bei solchen Vorfällen unter Umständen die gesetzliche Unfallversicherung greift. |

Versicherungsschutz

Verursacht ein Gewaltvorfall im Zusammenhang mit der Arbeit einen körperlichen Schaden oder eine psychische Erkrankung, handelt es sich versicherungsrechtlich um einen Arbeitsunfall. Je nach Einzelfall kann das auch bei verbalen Übergriffen gegeben sein.

Die zuständige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse sorgt dann für die bestmögliche medizinische Behandlung. Sie kümmert sich mit allen geeigneten Mitteln darum, dass der oder die betroffene Versicherte wieder am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilhaben kann. Das gilt auch bei psychischen Folgen eines Übergriffs.

Erste Hilfe für die Psyche

Hilfe erhalten Betroffene nach Extremerlebnissen bei der Arbeit bereits, bevor gesundheitliche Folgen sichtbar werden.

  • Die BGW bietet ihren Versicherten in solchen Situationen beispielsweise telefonisch-psychologische Beratung.
  • Alternativ können Betroffene bis zu fünf probatorische Sitzungen bei ärztlichen oder psychologischen Physiotherapeutinnen oder -therapeuten zur psychischen Stabilisierung wahrnehmen.

Wenn anschließend aufgrund des selbst erlittenen oder miterlebten Vorfalls eine psychotherapeutische Weiterbehandlung erforderlich ist, wird diese ebenfalls gewährt.

Wann Gewaltereignis melden?

Meldepflichtig sind Gewaltvorfälle wie andere Arbeitsunfälle auch, wenn sie mehr als drei Kalendertage Arbeitsunfähigkeit verursachen. Doch bei Gewalt- und anderen Extremereignissen können psychische Folgen zeitverzögert auftreten. Deshalb empfiehlt die BGW:

  • Extremereignisse immer melden: insbesondere schwere Körperverletzungen, Sexualdelikte oder (Raub-)Überfälle, auch auf dem Arbeitsweg. Dabei müssen auch Beschäftigte berücksichtigt werden, die das Geschehen miterlebt oder Betroffenen geholfen haben und dadurch ebenfalls psychisch belastet sein können.
  • Gewaltereignisse immer melden, wenn psychische Auffälligkeiten bei direkt oder indirekt betroffenen Beschäftigten bemerkbar werden.
  • Bei häufigem Auftreten von Gewalt- oder Extremereignissen im Betrieb individuell Kontakt mit der BGW aufnehmen.

Zu beachten ist dabei: Sofern keine Meldepflicht für den jeweiligen Arbeitsunfall besteht, muss für eine fallbezogene Meldung an die Berufsgenossenschaft die Zustimmung der betreffenden versicherten Person vorliegen.

Quelle | BGW Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege


Haftungsrecht:

Mitgefangen, mitgehangen: LKW-Fahrer schuldet die Tabaksteuer

| Ein LKW-Fahrer, der ohne sein Wissen in seinem Fahrzeug versteckte, unversteuerte Zigaretten von Polen nach Deutschland fährt, ist auch dann Steuerschuldner nach dem Tabaksteuergesetz, wenn das gegen ihn geführte Steuerstrafverfahren eingestellt wurde. |

So entschied es das Sächsische Finanzgericht (FG) im Falle eines betroffenen LKW-Fahrers. Die 163.000 Zigaretten waren bei einer Kontrolle durch Einsatz eines Röntgengeräts in einem nicht bauartbedingten Hohlraum der Ladefläche entdeckt worden. Im Rahmen des Auswahlermessens wurden neben dem Fahrer zulässigerweise auch dessen Mitfahrer und ein weiterer mutmaßlicher Hintermann als Gesamtschuldner in Anspruch genommen.

Die Richter begründeten die Entscheidung damit, dass das Verbringen im Sinne des Gesetzes als reine Tathandlung ein bloßes Tun ist, mit dem Waren in das Steuergebiet eines anderen Staates gelangen. Auf Vorstellungen oder ein Verschulden des Handelnden kommt es deshalb nicht an. Zudem hat der Führer eines Fahrzeugs die Möglichkeit der Sachherrschaft über sein Fahrzeug (PKW, LKW) sowie alle in ihm befindlichen Gegenstände – damit auch über den im Fahrzeug versteckten Tabak.

Quelle | Sächsisches FG, Urteil vom 5.12.2018, 4 K 1008/14, Abruf-Nr. 208889 unter www.iww.de.


Einstellung:

Tätowierungen können Ablehnungsgrund bei Bewerbung als Objektschützer sein

| Art und Inhalt einer Tätowierung können Zweifel an der Verfassungstreue eines Bewerbers begründen, sodass seine Bewerbung abgelehnt werden kann. |

Das folgt aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Mannes, der sich erfolglos um eine Stelle im Objektschutz der Berliner Polizei beworben hatte. Er trägt auf dem Arm sichtbare Tätowierungen, die das Wort „omerta“, Revolverpatronen und Totenköpfe abbilden. Daraufhin verlangte er vom Land Berlin, eine der ausgeschriebenen Stellen nicht zu besetzen. Das Verfahren wurde von den Parteien für erledigt erklärt, nachdem alle Stellen anderweitig besetzt worden waren.

Das LAG hat dem Bewerber die Kosten des Verfahrens auferlegt, weil er ohne die eingetretene Erledigung mit seinem Antrag unterlegen wäre. Das Land Berlin habe wegen der Tätowierungen Zweifel daran haben dürfen, dass der Bewerber jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten werde. Das Wort „omerta“ und die abgebildeten Revolverpatronen und Totenköpfe begründeten Zweifel daran, dass er als Mitarbeiter des Objektschutzes entsprechend dem in der Verfassung enthaltenen Rechtsstaatsprinzip nach Recht und Gesetz handeln werde. Ob der Bewerber tatsächlich verfassungstreu sei, sei ohne Belang. Es komme entscheidend auf die Sicht eines Betrachters an.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.4.2019, 5 Ta 730/19, Abruf-Nr. 209377 unter www.iww.de.


Datenschutz:

Nach Ende des Arbeitsverhältnisses kann Löschung einer Abmahnung verlangt werden

| Ist das Arbeitsverhältnis beendet, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass eine in seiner Personalakte befindliche Abmahnung entfernt wird. |

So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen-Anhalt. Das folge aus der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Diese gebe der betroffenen Person das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass ihre personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht werden, wenn u. a. die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind. Zu den personenbezogenen Daten gehöre auch die Personalakte des Arbeitnehmers und entsprechend die Abmahnung.

Hier waren die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der Arbeitgeber noch ein Interesse daran hat, das Abmahnungsschreiben in der Personalakte des Arbeitnehmers zu behalten. Mit einer Abmahnung übt ein Arbeitgeber sein arbeitsvertragliches Gläubigerrecht in doppelter Hinsicht aus. Zum einen weist er den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rüge und Dokumentationsfunktion). Zum anderen fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragsgetreuen Verhalten auf und kündigt, sofern ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion). Diese Warnfunktion entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist. Hinsichtlich der Rüge- und Dokumentationsfunktion könnte der Arbeitgeber noch ein Interesse am Erhalt der Abmahnung haben, soweit dies zur Abwehr von etwaigen Ansprüchen des Arbeitnehmers oder zur Begründung eigener Ansprüche gegen den Arbeitnehmer erforderlich erscheint. Im vorliegenden Fall sind solche Gründe offensichtlich nicht gegeben. Zwischen den Parteien bestehen keine weiteren arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen, bei denen es für den Arbeitgeber dienlich sein könnte, die Abmahnung noch heranziehen zu können.

Quelle | LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.11.2018, 5 Sa 7/17, Abruf-Nr. 208148 unter  www.iww.de.

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