Verkehrsrecht Info - 04.2014

20.03.2014
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Verkehrssicherungspflicht:

Schlagloch auf der Autobahn – Land NRW haftet

Erleidet ein Pkw-Fahrer beim Durchfahren eines Schlaglochs auf der Bundesautobahn einen Schaden, haftet das beklagte Land aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung, wenn das Schlagloch durch eine von ihm zu verantwortende, vermeidbare Gefahrenquelle entstanden ist.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und das Land NRW zum Schadenersatz verurteilt. Geklagt hatte ein Mann, der mit seinem Pkw die BAB 52 in Gelsenkirchen im Bereich einer Baustelle befahren hatte. Dabei wurde die Fahrbahn über den Standstreifen geleitet. Dort geriet das Fahrzeug in ein ca. 20cm tiefes Schlagloch und erlitt einen Achsschaden. Die Reparaturkosten betrugen ca. 2.200 EUR. Das Schlagloch war im Bereich eines für den Baustellenbetrieb verschlossenen Gullyschachts entstanden. Um den Standstreifen für den Verkehr befahrbar zu machen, hatte der für das beklagte Land handelnde Landesbetrieb Straßenbau NRW die zu überfahrenden Gullyschächte mit Eisendeckeln versehen und mit einer bituminösen Masse sowie mit einer Asphaltschicht auffüllen lassen. Im Bereich der Unfallstelle war diese Füllung zum Teil herausgebrochen, wodurch das Schlagloch entstanden war.

Das OLG entschied, dass das Schlagloch die Folge einer vom Landesbetrieb zu verantwortenden, vermeidbaren Gefahrenquelle sei. Die Ausführung zum Verschließen des Gullyschachts habe selbst bei fachgerechter Ausführung ein nicht abschätzbares Risiko beinhaltet, dass die Schachtabdeckung durch das zu erwartende hohe Verkehrsaufkommen beschädigt werde. Dabei hätten andere, sichere Methoden wie das Herstellen provisorischer Schachtabdeckungen aus Schnellbeton zur Verfügung gestanden. Die Verkehrssicherungspflichtverletzung habe der Landesbetrieb zu vertreten. Die verschiedenen Möglichkeiten zur Herstellung von provisorischen Schachtabdeckungen und ihre Vor- bzw. Nachteile müssten der Fachbehörde bekannt sein. Ein Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last, weil die unfallursächliche Schadstelle für ihn praktisch nicht zu erkennen gewesen sei (OLG Hamm, 11 U 52/12).


Sachverständigenhonorar:

Kostenkalkulation durch Gutachter bei Bagatellschaden

Holt der Geschädigte bei einem Haftpflichtschaden in Höhe von weniger als 700 EUR eine Kostenkalkulation, also kein aufwendiges Schadengutachten, ein, für die der Schadengutachter 70 EUR berechnet, verstößt er damit nicht gegen die Schadenminderungspflicht.

Der gegnerische Versicherer muss diese Kosten erstatten, entschied das Amtsgericht Böblingen. Der Versicherer hatte argumentiert, der Geschädigte hätte einen Kostenvoranschlag nur in einer Werkstatt einholen dürfen. Denn die hätte die Kosten dafür bei einer späteren Reparatur verrechnet. Dann wäre das für den Schädiger ohne Belastung geblieben. Dieser Logik ist das Gericht nicht gefolgt. Es sei ja schon gar nicht sicher, dass die Werkstatt die Kosten wirklich verrechne. Deshalb sei die These des Versicherers nicht mit dem geltenden Recht in Übereinstimmung zu bringen (Amtsgericht Böblingen, 2 C 2391/13).


Unfallschaden:

Kosten für Kostenvoranschlag neben denen für ein Gutachten

Die Kosten für einen Kostenvoranschlag sind auch dann erstattungspflichtig, wenn der Geschädigte zusätzlich ein Schadengutachten zur Wertminderung eingeholt hat.

So entschied es das Amtsgericht Memmingen in einem besonderen Fall. Der Geschädigte hatte sich auf die (zweifelhafte) Empfehlung seiner Werkstatt hin zunächst auf einen Kostenvoranschlag der Werkstatt als Grundlage für die Bezifferung seines Schadens beschränkt. Als er dann aus anderen Gründen anwaltliche Hilfe in Anspruch nahm, erkannte er, dass er auf diesem Weg den Ersatz des merkantilen Minderwerts einbüßte. Also beauftragte er nun noch einen Sachverständigen mit der Ermittlung der Wertminderung. Diese wurde vom Versicherer genauso erstattet, wie die Kosten für dieses Gutachten. Die Kosten für den Kostenvoranschlag wollte der Versicherer aber nicht mehr ersetzen, weil er ja schon das Gutachten bezahlt habe. Das Amtsgericht belehrte ihn aber eines Besseren. Der Geschädigte habe hinsichtlich der Reparaturkostenkalkulation ja einen für den Schädiger günstigeren Weg eingeschlagen (Amtsgericht Memmingen, 21 C 1586/13).


Körperverletzung:

Eine Prellung ist nur eine unerhebliche Beeinträchtigung

Eine Ellenbogenprellung ohne weitere Folgen und ohne Behandlungsbedarf ist lediglich eine geringfügige und folgenlose Beeinträchtigung, die nicht als (fahrlässige) Körperverletzung bestraft werden kann.

Diese Klarstellung zugunsten eines Unfallverursachers traf das Kammergericht (KG) in Berlin. Die Richter erläuterten in ihrer Entscheidung den Begriff der Körperverletzung. Danach setze eine körperliche Misshandlung nach der Rechtsprechung ein übles, unangemessenes Behandeln voraus, das das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Ob dies der Fall sei, müsse sich bei einer Verurteilung aus den Urteilsgründen ergeben. Darauf sei insbesondere bei Körperverletzungen im Straßenverkehr zu achten. Häufig würden hier nur (leichte) Prellungen ohne weitere Folgen und ohne Behandlungsbedarf vorliegen. Das reiche für eine körperliche Misshandlung nicht aus. Solle die Annahme einer (fahrlässigen) Körperverletzung mit einer Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens des Geschädigten begründet werden, müsste den Urteilsgründen entnommen werden, dass dem Geschädigten ein länger andauernder oder ein kurzfristig intensiver Schmerz zugefügt wurde. Hat er nur einen „leichten Schmerz“ verspürt, genüge dies nicht (KG, (3) 121 Ss 240/13 (179/13)).


Fahrlässige Tötung:

Sorgfaltspflichten beim Rechtsabbiegen

Ein Lkw-Fahrer muss beim Abbiegen im Kreuzungsbereich mit Fußgänger- und Radfahrerfurten Schrittgeschwindigkeit fahren.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hin, das in einem entsprechenden Fall zu entscheiden hatte. Beschleunige der Lkw-Fahrer während eines Rechtsabbiegevorgangs auf eine Geschwindigkeit von zumindest 16 km/h, sodass der Bereich gebotener Schrittgeschwindigkeit deutlich überschritten sei, handele er danach sorgfaltspflichtwidrig. Komme es zu einer Kollision mit einem Radfahrer, der an den Folgen des Unfalls später verstirbt, könne dem Lkw-Fahrer nach dieser Entscheidung der Vorwurf fahrlässiger Tötung gemacht werden. Dies gelte zumindest, wenn er bei angemessener Geschwindigkeit den Geschädigten so frühzeitig hätte erkennen können, dass er noch rechtzeitig vor dem Erreichen der Fußgänger- und Radfahrerfurt einen Bremsvorgang hätte einleiten können und auf diese Weise die Kollision und damit die Tötung des Geschädigten hätte verhindern können (OLG Hamm, 3 Ws 134/13).

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