Verkehrsrecht Info - 05.2016

27.04.2016
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Autokauf:

Neuwagen wegen angeblicher Datenspeicherung nicht abgenommen

| Wem gehören die Fahrzeugdaten? Dem Hersteller, dem Händler oder dem Eigentümer/Nutzer? Und was kann der Erwerber unternehmen, damit er nicht ausgespäht wird? Mit diesen ebenso neuartigen wie spannenden Fragen hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem Fall beschäftigt, in dem der Käufer eines Neufahrzeugs die Abnahme verweigert hat und nun 15 Prozent des Kaufpreises als Entschädigung zahlen muss. |

Hintergrund ist der Kauf eines neuen Land Rover. Nachdem der Kaufvertrag unterzeichnet war und noch bevor der Wagen ausgeliefert wurde, beschlich den Käufer der Verdacht, das bestellte Fahrzeug könnte mit einem Permanentspeicher ausgestattet sein. Seine persönlichen Daten könnten gespeichert und Unbefugten zugänglich gemacht werden. Deshalb verlangte er von dem Autohaus vorab die Übersendung einer Betriebsanleitung und verbot die Weitergabe ihn betreffender Daten an Dritte. Außerdem verlangte er, bestimmte technische Vorgaben zu erfüllen, um den gewünschten Datenschutz sicherzustellen. Weder das Autohaus noch der Hersteller gingen auf diese Forderungen ein.

Als der Käufer die Abnahme des Fahrzeugs verweigerte, trat das Autohaus vom Kaufvertrag zurück. Es forderte Schadenersatz in Höhe von 15 Prozent des Kaufpreises (rund 9.000 EUR). Damit hatte es in beiden Instanzen Erfolg. Allerdings musste erst ein Sachverständiger klären, ob die Befürchtungen des Käufers berechtigt sind. Sie seien es nicht, befand der Sachverständige.

Quelle | OLG Hamm, Beschlüsse vom 2.7.2015 und vom 28.7.2015, I-28 U 46/15, Abruf-Nr. 146300  unter www.iww.de.

 


Kostenvoranschlag:

Sachverständigengutachten bei Bagatellschaden

| Lässt der Geschädigte bei einem Bagatellschaden die Reparaturkosten nicht von einer Werkstatt, sondern von einem Schadengutachter kalkulieren und entsteht dafür ein Aufwand von 68 EUR netto plus maßvoller Nebenkosten (Gesamtkosten 108,05 EUR brutto), verstößt er damit nicht gegen seine Schadenminderungspflicht. |

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Hannover. Das Urteil ist sehr erfreulich, denn es hilft, dem „Zeitdiebstahl“ durch die Anfertigung von Kostenvoranschlägen entgegenzutreten.

Quelle | Amtsgericht Hannover, Urteil vom 24.4.2013, 562 C 1157/13, Abruf-Nr. 132191 unter www.iww.de.

 


Unfallschadensregulierung:

Verkehrsunfall: Geschädigter darf immer Anwalt einschalten

| Anwaltliche Unterstützung bei der Schadenregulierung in Anspruch zu nehmen ist erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB. Denn auch wenn der Geschädigte geschäftlich gewandt ist und die Haftungslage keinen Zweifeln unterliegt, ist stets mit Einwendungen des Versicherers zu den Schadenpositionen zu rechnen. |

Diese verbraucherfreundliche Entscheidung traf das Amtsgericht Köln. Sie ist auch richtig. Die Gerichte schauen sich ja Tag für Tag an, welche Einwände Versicherer vorbringen. Und sie sehen, dass täglich Klagen eingereicht werden, die kurze Zeit später zurückgenommen werden, weil der Versicherer bei klarer Rechtslage nur darauf gepokert hat, der Geschädigte werde sich schon nicht wehren. Wird die Klage dann zugestellt, zahlt der Versicherer sofort, um noch höhere Kosten zu vermeiden. Daraus schließt das Gericht: Ohne Anwalt wäre der Geschädigte nicht zu seinem Recht gekommen.

Für die Anwaltskostenerstattung kommt es auf die Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwaltsbeauftragung an. Daher ist es nicht entscheidend, wie der Versicherer tatsächlich reguliert hat. Im vom Amtsgericht Köln entschiedenen Fall hatte der Versicherer noch im Rechtsstreit behauptet, die Mietwagenkosten seien zu hoch. Er wurde allerdings verurteilt, diese Mietwagenkosten zu erstatten. Und dennoch war er der Meinung, der Geschädigte hätte keinen anwaltlichen Beistand gebraucht. Das hat Originalitätswert. Richtig ist es also, in Verkehrsunfallsachen auf den Beistand eines Anwalts zu vertrauen.

Quelle | Amtsgericht Köln, Urteil vom 24.7.2015, 272 C 51/14, Abruf-Nr. 146691  unter www.iww.de.

 


Fahrverbot:

Absehen vom Fahrverbot wegen des „Mitverschulden“ eines anderen

| Bei einem Abstandsverstoß kann von einem Fahrverbot abgesehen werden, wenn der Verstoß durch das Verhalten eines anderen Autofahrers erheblich mitverursacht wurde. |

Das ist das Ergebnis einer Entscheidung des Amtsgerichts Landstuhl. Der Richter hatte in einem entsprechenden Fall von einem Fahrverbot abgesehen. Das hat er vor allem damit begründet, dass das Fahrverhalten des vor dem Betroffenen fahrenden Pkw in erheblichem Maße und über den gesamten Messzeitraum gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen hat. Der Vorausfahrende hatte nämlich seine Geschwindigkeit signifikant ohne erkennbaren Grund erheblich abgesenkt.

Das AG Landstuhl fand für das Absehen vom Fahrverbot aber auch noch einen weiteren Punkt bedeutsam. Hierfür spreche die „aktive Verantwortungsübernahme des Betroffenen für seinen begangenen Verstoß, nämlich der sofortigen Einräumung der Fahrereigenschaft bei denkbar schlechter Qualität der Messbilder aus der Beobachtungskamera und auch die Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen“.

Quelle | Amtsgericht Landstuhl, Urteil vom 22.2.2016, 2 OWi 4286 Js 14527/15, Abruf-Nr. 146744 unter www.iww.de.

 


Verkehrsschilder:

Haltverbotszeichen müssen gut sichtbar sein

| Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat präzisiert, welche Anforderungen der so genannte Sichtbarkeitsgrundsatz im ruhenden Verkehr an die Erkennbarkeit und Erfassbarkeit von Verkehrszeichen und an die dabei von den Verkehrsteilnehmern zu beachtende Sorgfalt stellt. Es hat bestätigt, dass die Anforderungen für den ruhenden und den fließenden Verkehr unterschiedlich sind. |

In dem betroffenen Fall hatte der Kläger sein Fahrzeug in einem Straßenabschnitt geparkt, an dem am nächsten Tag ein Straßenfest stattfinden sollte. Dort war mit einem vorübergehend angebrachten Verkehrszeichen ein absolutes Haltverbot ausgeschildert. Der Wagen des Klägers wurde durch ein Abschleppunternehmen umgesetzt. Dafür verlangte die Behörde eine Umsetzungsgebühr in Höhe von 125 EUR. Hiergegen wandte der Kläger u.a. ein, die Verkehrszeichen seien nicht mit einem raschen und beiläufigen Blick erkennbar gewesen. Daher seien die Haltverbote nicht wirksam bekannt gemacht worden.

Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) ist von einer anlasslosen Nachschaupflicht ausgegangen. Es hat angenommen, dass das Haltverbot für den Kläger erkennbar gewesen wäre, wenn er dieser Nachschaupflicht genügt hätte. Es hat offengelassen, in welcher Höhe und welcher Ausrichtung das Haltverbotszeichen angebracht war.

Das BVerwG hat das Berufungsurteil aufgehoben. Es hat klargestellt, dass Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr ihre Rechtswirkungen grundsätzlich gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer äußern. Dabei ist es gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht. Allerdings müssen sie so aufgestellt sein, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer das Ge- oder Verbot des Verkehrszeichens leicht erkennen kann, wenn er die erforderliche Sorgfalt einhält. Zudem müssen die Schilder bei ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennbar sein. Der Verkehrsteilnehmer ist aber nur zu einer Nachschau verpflichtet, wenn hierfür ein Anlass besteht.

Diesen sogenannten Sichtbarkeitsgrundsatz habe das OVG nicht ausreichend beachtet. Es seien noch ergänzende tatsächliche Feststellungen dazu notwendig, wie das Haltverbotszeichen aufgestellt war, und ob es sichtbar gewesen sei. Das BVerwG hat die Sache daher zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das OVG zurückverwiesen.

Quelle | BVerwG, Urteil vom 6.4.2016, 3 C 10.15, Abruf-Nr. 185264 unter www.iww.de.

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