Wirtschaftsrecht Info - 01.2015

Umsatzsteuerzahler:

Gutschriftsempfänger kann unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer schulden

| Erfolgt die Rechnungserstellung durch den Leistungsempfänger, definiert das Umsatzsteuergesetz diesen Vorgang als Gutschrift.Nach einem Urteil des Finanzgerichts Münster (Revision zugelassen) schuldet der Empfänger einer Gutschrift die zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer zumindest dann, wenn er sich die Gutschrift zu Eigen gemacht hat. |

Sachverhalt
Eine Unternehmerin erbrachte Vermittlungsleistungen, über die sie von der Leistungsempfängerin Gutschriften mit offenem Umsatzsteuerausweis erhielt. Diese Gutschriften zeichnete sie ab und sandte sie der Leistungsempfängerin zurück. Da sie Kleinunternehmerin war, gab sie keine Umsatzsteuererklärungen ab. Das Finanzamt kam nach einer Betriebsprüfung jedoch zu dem Ergebnis, dass die Kleinunternehmerin die in den Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer wegen des unberechtigten Steuerausweises schulde und erließ daraufhin Umsatzsteuerbescheide.

In der Literatur werden zu der Frage, ob eine unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer vom Aussteller oder vom Empfänger der Gutschrift geschuldet wird, durchaus unterschiedliche Meinungen vertreten.

Nach Ansicht des Finanzgerichts Münster trifft den Gutschriftsempfänger die Steuerschuldnerschaft jedenfalls dann, wenn er sich die Gutschrift zu Eigen gemacht hat – und das war hier der Fall. Durch die Unterzeichnung und Rücksendung der Gutschriften hat die Kleinunternehmerin nämlich zu erkennen gegeben, dass sie der jeweiligen Gutschrift zustimmt.

Quelle | FG Münster, Urteil vom 9.9.2014, 15 K 2469/13 U, Abruf-Nr. 143236 unter www.iww.de.


Freiberufler und Gewerbetreibende:

Kein Betriebsausgabenabzug für vom Arbeitgeber überlassenes Fahrzeug

| Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber einen Pkw, den er nicht nur für Privatfahrten, sondern auch im Rahmen einer selbstständigen Arbeit nutzt, können keine fiktiven Betriebsausgaben abgezogen werden. Das hat das Finanzgericht Münster entschieden. |

Sachverhalt
Ein Unternehmensberater erzielte Arbeitslohn und Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Sein Arbeitgeber stellte ihm einen Pkw zur Verfügung, den er auch privat nutzte. Hierfür erfolgte eine Besteuerung nach der Ein-Prozent-Regel. Der Ansatz eines weiteren Sachbezugs für die Nutzungsmöglichkeit im Rahmen der selbstständigen Tätigkeit erfolgte nicht. In der Folge machte der Steuerpflichtige einen Teil des Sachbezugswerts als fiktive Betriebsausgaben geltend. Diesen Aufwand berücksichtigte das Finanzamt jedoch nicht, weil für die betriebliche Nutzung kein entsprechender Vorteil angesetzt worden war – und zwar zu Recht, wie das Finanzgericht Münster befand.

Im Streitfall lagen keine Betriebsausgaben vor, da der Unternehmensberater für das Fahrzeug weder Ausgaben noch Aufwand getragen hat.

Darüber hinaus kann der wegen der Ein-Prozent-Regel erfasste Sachbezug nicht (auch nicht anteilig) als fiktive Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Dieser Sachbezug erfasst nämlich lediglich die private Nutzung und nicht die Nutzung des Fahrzeugs in einem anderen Betrieb.

Nach Auffassung des Finanzgerichts Münster hätte ein derartiger betrieblicher Verbrauch des Nutzungsvorteils allenfalls dann in Betracht kommen können, soweit bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit noch ein weiterer Sachbezug für die betriebliche Nutzung des Fahrzeugs versteuert worden wäre. Dieser Sachbezug hätte gegebenenfalls im Rahmen der selbstständigen Tätigkeit „verbraucht” werden können. Dies war allerdings hier nicht der Fall.

Quelle | FG Münster, Urteil vom 26.9.2014, 11 K 246/13 E, Abruf-Nr. 143311 unter www.iww.de.


Umsatzsteuerzahler:

Umsatzsteuer: Neues zur zinswirksamen Rückwirkung von Rechnungsberichtigungen

| Das Finanzgericht Niedersachsen hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen einer Rechnungsberichtigung Rückwirkung zukommen kann. |

Zum Hintergrund

War der Vorsteuerabzug z.B. wegen einer unvollständigen Rechnung unzutreffend, kann dies unter Umständen zu hohen Nachzahlungszinsenführen. Nach Ansicht der Verwaltung kann der Vorsteuerabzug bei Rechnungsberichtigungen nämlich erst zu dem Zeitpunkt in Anspruch genommen werden, in dem der Rechnungsaussteller die Rechnung berichtigt und die zu berichtigenden Angaben an den Rechnungsempfänger übermittelt hat. Die Verzinsung würde allerdings entfallen, wenn eine rückwirkende Berichtigung der Rechnung zulässig wäre.

Seit den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (insbesondere aus 2010 und 2013) wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum kontrovers über eine zinswirksame Rückwirkung von Rechnungsberichtigungen diskutiert.

Fragen an den Europäischen Gerichtshof

Das Finanzgericht Niedersachsen möchte insbesondere die folgenden Punkte geklärt haben:

  • Zunächst geht es um die Klarstellung, ob die vom Europäischen Gerichtshof im Jahr 2004 getroffene Feststellung, dass der Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der Erstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung vorzunehmen ist, auch für den Fall der Ergänzung einer unvollständigen Rechnunggelten soll oder ob in einem solchen Fall eine Rückwirkung zulässig ist.
  • Sofern eine rückwirkende Berichtigung möglich ist, ist zu klären, ob und ggf. welche Mindestanforderungen an eine rückwirkungsfähige Rechnung zu stellen sind, insbesondere ob die ursprüngliche Rechnung bereits eine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer enthalten muss.
  • Zuletzt stellt sich die Frage, ob die Berichtigung noch rechtzeitig ist, wenn sie erst im Einspruchsverfahren erfolgt.

Quelle | FG Niedersachsen, Beschluss vom 3.7.2014, 5 K 40/14, Abruf-Nr. 143310 unter www.iww.de, EuGH-Urteil vom 8.5.2013, C-271/12; EuGH-Urteil vom 15.7.2010, C-368/09.


IHK-Beitrag:

Beiträge zur IHK Koblenz teilweise zu hoch

| Die Beiträge zur Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz waren in den Jahren 2007 und 2008 zu hoch und daher rechtswidrig, weil die Kammer einen ungeplanten Gewinn aus den Vorjahren von rund 1,7 Millionen Euro (in 2007) bzw. 2,2 Millionen Euro (in 2008) nicht zur Finanzierung ihrer Aufgaben eingesetzt hat. |

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz. Die Klägerin, eine Firma aus der Logistikbranche, wandte sich mit ihrer Klage gegen ihre Heranziehung zu IHK-Beiträgen für die Jahre 2005 bis 2008. Sie beanstandete die Höhe der Beiträge mit der Begründung, die von der IHK gebildeten Rücklagen seien zu hoch. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt, weil die Rücklagenbildung unzulässigerweise der Vermögensbildung gedient habe. Auf die Berufung der Beklagten wies das Oberverwaltungsgericht die Klage bezüglich der Jahre 2005 und 2006 ab, bestätigte die Entscheidung jedoch im Ergebnis hinsichtlich der Jahre 2007 und 2008.

Beiträge zur Industrie- und Handelskammer dürften von Gesetzes wegen nur insoweit erhoben werden, als die Kosten ihrer Errichtung und Tätigkeit nicht anderweitig gedeckt seien; sie dürften daher nicht der Bildung von Vermögen dienen. Aus dem gesetzlichen Verbot der Vermögensbildung folge, dass eine IHK einen ungeplanten Bilanzgewinn zeitnah für die Finanzierung ihrer gesetzlichen Aufgaben einsetzen müsse. Sie habe den Gewinn deshalb in der Regel – soweit nicht eine Beitragsrückerstattung an die Kammermitglieder erfolgt sei oder die Vollversammlung bereits einen speziellen Beschluss über die aufgabengemäße Gewinnverwendung gefasst habe – spätestens in den nächsten, zeitlich auf die Feststellung des Bilanzgewinns nachfolgenden Wirtschaftsplan einzustellen. Dies habe die IHK Koblenz in den Jahren 2007 und 2008 nicht beachtet und einen ungeplanten Gewinn in Höhe von rund 1,7 bzw. 2,2 Millionen Euro aus den Vorjahren nicht in den jeweils nachfolgenden Wirtschaftsplan eingestellt. Für diese beiden Jahre seien die Beiträge daher wegen der unterbliebenen Verwendung der Gewinne rechtswidrig. Sie seien nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang aufzuheben, weil eine Korrektur der Beitragssätze im Gestaltungsspielraum der beklagten IHK liege.

In Bezug auf die Jahre 2005 und 2006 liege eine solche unterbliebene Gewinnverwendung nicht vor. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz greife auch die Rüge unzulässiger Rücklagenbildung nicht durch. Eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides sei allenfalls insoweit möglich, als die erhobenen Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise auf einer geplanten Zuführung zu den Rücklagen beruhten. Für die Jahre 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung zu den Rücklagen geplant gewesen. Die Frage der Höhe der Rücklagen stelle sich daher im vorliegenden Verfahren nicht.

Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.9.2014, 6 A 11345/13.OVG, Abruf-Nr. 143480 unter www.iww.de.

 

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