Arbeitsrecht Info - 04.2014

21.03.2014
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Entschädigung:

Ansprüche aus AGG nicht gegen Personalvermittler richten

Ansprüche auf Entschädigung bei Verstößen gegen das AGG müssen gegen den Arbeitgeber gerichtet werden. Wird bei der Ausschreibung von Stellen ein Personalvermittler eingeschaltet, haftet dieser für solche Ansprüche nicht.

Diese Entscheidung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Dipl.-Betriebswirts, der sich auf eine im Internet ausgeschriebene Stelle als Personalvermittler beworben hatte. Die Stelle sollte bei „unserer Niederlassung Braunschweig“ bestehen. Die Bewerbung sollte an die UPN GmbH in Ahrensburg gerichtet werden. Am Ende der Stellenausschreibung wurde wegen etwaiger „Kontaktinformationen für Bewerber“ auch auf eine UP GmbH in Ahrensburg verwiesen. Der Dipl.-Betriebswirt bewarb sich unter der angegebenen E-Mail-Adresse, das Bewerbungsschreiben richtete er an die UP GmbH. Er erhielt eine Absage per E-Mail, deren Absenderin die UPN GmbH war. Der Bewerber verlangte von der UPN GmbH ohne Erfolg eine Entschädigung, worauf die UPN GmbH die Bewerbungsablehnung inhaltlich näher begründete. Schließlich verklagte er die UPN GmbH auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung.

Wie schon in den Vorinstanzen blieb die Klage auch vor dem BAG erfolglos. Der vom Bewerber gegen die UPN GmbH gerichtete Entschädigungsanspruch besteht nicht. Die UPN GmbH war nur eine Personalvermittlerin. Arbeitgeber wäre bei einer Einstellung die UP GmbH geworden. Der Anspruch auf Entschädigung nach dem AGG kann nur gegen den „Arbeitgeber“ gerichtet werden (BAG, 8 AZR 118/13).


Jobcenter:

Rückforderung von Aufstockungsbeiträgen bei sittenwidrigem Lohn

Müssen Arbeitnehmer Aufstockungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch in Anspruch nehmen, weil ihr Arbeitgeber ihnen sittenwidrig geringe Löhne zahlt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Jobcenter die gezahlten Aufstockungsbeiträge zu erstatten, wenn die Arbeitnehmer bei einem angemessenen Lohn nicht oder nur teilweise hilfebedürftig gewesen wären.

So entschied es das Arbeitsgericht Eberswalde im Fall eines Arbeitgebers. Dieser hatte seinen Arbeitnehmern Stundenlöhne zwischen 1,59 EUR und 3,46 EUR gezahlt. Weil die Arbeitnehmer davon nicht leben konnten, hatten sie Aufstockungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites erhalten. Das Arbeitsgericht verurteilte den Arbeitgeber nun zur Erstattung dieser Aufstockungsleistungen. Der Arbeitgeber hat seine Berufung gegen dieses Urteil nunmehr zurückgenommen. das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde ist damit rechtskräftig (Arbeitsgericht Eberswalde, 2 Ca 428/13).


Vertragsrecht:

Hat eine Toilettenkraft einen Anspruch auf Anteil am Toilettenentgelt?

Eine Arbeitnehmerin, die als „Sitzerin“ Trinkgelder von Besuchern eines Einkaufszentrums auf Sammeltassen erhält, die sie vollständig an ihre Arbeitgeberin abführen muss, hat gegenüber dieser einen Auskunftsanspruch über die Höhe dieser Gelder.

So entschied es das Arbeitsgericht Gelsenkirchen im Fall einer Frau, die für ein Reinigungsunternehmen als „Sitzerin“ tätig war. Das Unternehmen war mit der Reinigung der Toilettenanlagen in einem großen Einkaufszentrum beauftragt. Von den Besuchern der Toilettenanlagen wird kein Entgelt verlangt. Gleichwohl sind in den dortigen Eingangsbereichen Sammelteller aufgestellt. Hauptaufgabe der Frau war es, sich ständig bei dem Sammelteller aufzuhalten, das freiwillig gespendete Geld dankend entgegenzunehmen, es regelmäßig bis auf wenige Geldstücke abzuräumen und in den Tresor einzulegen. Mit Reinigungsarbeiten war die Frau, die einen Stundenlohn von 5,20 EUR brutto erhielt, nicht betraut. Sie hatte jedoch die Toilettenanlagen zu kontrollieren und im Bedarfsfall das Reinigungspersonal zu rufen. Nach einer schriftlichen Arbeitsanweisung des Reinigungsunternehmens sind die „Sitzerinnen“ gehalten, gegenüber den Besuchern nicht zu offenbaren, dass sie keine Reinigungstätigkeiten ausüben. Auf etwaige Fragen der Besucher nach dem Verwendungszweck des Geldes soll mit dem Hinweis, dass selbiges dem Reinigungsunternehmen zufließe, welches daraus u.a. die Personalkosten bestreite, geantwortet werden.

Die Frau vertritt die Auffassung, dass sie an den über die Teller erzielten Einnahmen teilhaben müsse. Den Besuchern werde zielgerichtet suggeriert, dass freiwillig ein Trinkgeld für das Reinigungs- und Aufsichtspersonal gegeben werden könne. An diese Zweckbestimmung sei das Reinigungsunternehmen gebunden. Trinkgeld stehe nach Maßgabe gewerbe- und steuerrechtlicher Bestimmungen allein den Arbeitnehmern zu. Da sie nicht wissen könne, wie hoch genau die Einnahmen gewesen seien, müsse das Unternehmen Auskunft erteilen. Das Reinigungsunternehmen hält die Klage für unbegründet. Es handle sich – auch nach der Vorstellung der Toilettenbesucher – nicht um ein Trinkgeld für das Personal, sondern um ein freiwilliges Nutzungsentgelt. Dieses stehe allein dem Reinigungsunternehmen zu, worüber man das eingesetzte Personal nie im Zweifel gelassen habe. Der Arbeitslohn des Aufsichtspersonals werde vollständig aus den Einnahmen über das freiwillige Nutzungsentgelt bestritten und nicht vom Einkaufszentrum refinanziert.

Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen hat der Frau den Auskunftsanspruch zugesprochen. Das Gericht geht davon aus, dass der Frau ein der Höhe nach noch unbestimmter Zahlungsanspruch gegen das Reinigungsunternehmen zusteht. Dabei hat es bei den vereinnahmten Trinkgeldern die Willensrichtung und Vorstellung der Besucher in den Vordergrund gestellt. Diese würden davon ausgehen, dem jeweiligen Personal ein „Trinkgeld“ zukommen zu lassen. Die internen Regelungen zwischen den Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber seien in solchen Fällen den Spendern typischerweise unbekannt (Arbeitsgericht Gelsenkirchen, 1 Ca 1603/13).


Kündigungsrecht:

Steuerhinterziehung kann Kündigung rechtfertigen

Wer sein Nettoeinkommen durch eine rechtswidrige Abrechnungspraxis steigert, muss mit einer ordentlichen Kündigung rechnen. Dies gilt auch, wenn er in Kenntnis oder mit Zustimmung des Vorgesetzten handelt.

Zu diesem Ergebnis kam das Arbeitsgericht Kiel im Fall einer Angestellten. Diese war seit vielen Jahren bei einem überregional tätigen Reinigungsunternehmen als Reinigungskraft, Vorarbeiterin und Objektleiterin beschäftigt. Zumindest bei einem Reinigungsobjekt hat sie dafür gesorgt, dass ihre Arbeit über zwei andere, auf geringfügiger Basis beschäftigte Arbeitnehmer abgerechnet wurde und diese ihr dann das erhaltene Geld auszahlten. Als der Arbeitgeber hiervon erfuhr, kündigte er fristlos, hilfsweise ordentlich. Hiergegen wandte sich die Arbeitnehmerin mit ihrer Kündigungsschutzklage. Die Kündigung sei insgesamt unwirksam. Der Betriebsleiter habe ihr die Abrechnungspraxis vorgeschlagen und sie seit vielen Jahren im Betrieb angewandt. Der Arbeitgeber bestreitet dies.

Das Arbeitsgericht hat ohne Beweisaufnahme entschieden. Es hielt die ordentliche Kündigung für wirksam. Die Arbeitnehmerin habe mit ihrer Vorgehensweise ihre Rücksichtnahmepflicht schwerwiegend verletzt. Sie habe gewusst, dass Gesetze umgangen werden. Die Schwere der Verfehlung und ihre Vorbildfunktion würden trotz langjähriger Betriebszugehörigkeit, Schwerbehinderung und im Übrigen beanstandungsfreier Tätigkeit überwiegen. Der Arbeitgeber habe das Verhalten auch vorher nicht abmahnen müssen. Die Arbeitnehmerin habe sich in erster Linie selbst begünstigt. Sie konnte nicht ernsthaft glauben, dass die vom Betriebsleiter gut geheißene Praxis von der auswärtigen Geschäftsführung gebilligt werden würde (Arbeitsgericht Kiel, 2 Ca 1793 a/13).

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