Erbrecht Info - 07.2020

10.07.2020
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Erbrecht:

Enterbter Sohn beruft sich auf „Scheinehe“ des Vaters

| Mit einem etwas bizarr anmutenden Sachverhalt hatte sich das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg zu beschäftigen. Der enterbte Sohn machte doch tatsächlich geltend, sein Vater habe seine Lebensgefährtin nur geheiratet, um seinen Pflichtteil zu verringern. |

Der Vater hatte kurz vor seinem Tod seine Lebensgefährtin geheiratet. In seinem Testament hatte er seinen Sohn ausdrücklich enterbt. Nach seinem Tod beantragten die Lebensgefährtin und sein anderes Kind einen Erbschein, der sie als Erben zu je 1/2-Anteil ausweist. Dem ist der Sohn mit der Begründung entgegengetreten, sein Vater habe die Lebensgefährtin nur zum Schein geheiratet, um seinen Pflichtteil zu verringern.

Das Gericht sah allerdings keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Ehe nur zum Schein geschlossen worden ist. Es liege daher kein Aufhebungsgrund vor. Doch selbst wenn ein solcher vorgelegen hätte, behält der überlebende Ehegatte sein gesetzliches Erbrecht, wenn der Erblasser diesen nicht rechtshängig gemacht hat. Hiervon gibt es nur eine Ausnahme. Kannte der überlebende Ehegatte die Aufhebbarkeit seiner Ehe wegen Geschäftsunfähigkeit, Bigamie, Verwandtschaft, Formverstoßes oder Geistesstörung bereits bei Eheschließung, hat er kein gesetzliches Erbrecht. Die (potenzielle) Aufhebbarkeit im Falle einer Scheinehe fällt dagegen nicht unter die gesetzlichen Aufhebungsgründe.

Quelle | OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.3.2020, 3 W 27/20, Abruf-Nr. 215388 unter www.iww.de.


Erbrecht:

Testament kann durch Zerreißen eines von zwei Originalen widerrufen werden

| Wer wird Erbe, wenn nur eines von zwei Originalen vernichtet wird? Existieren zwei Originale eines Testaments, genügt die Vernichtung nur eines der beiden Dokumente, wenn der Aufhebungswille der Erblasserin feststeht. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln im Fall einer Erblasserin entschieden, die zunächst ihren Urenkel als Erben eingesetzt hatte. Später verfasste sie ein handschriftliches Testament, mit dem anstelle des Urenkels ihre Haushälterin zur Alleinerbin bestimmt wurde. Außerdem erteilte sie der Haushälterin eine Vorsorge- und Bankvollmacht und verkaufte dieser gegen einen Barkaufpreis sowie eine Betreuungs- und Pflegeverpflichtung ihr Hausgrundstück. Nachdem die Haushälterin mit Hilfe der Bankvollmacht 50.000 EUR vom Konto der späteren Erblasserin abgehoben hatte, widerrief diese die Vollmacht. Sie suchte außerdem einen Rechtsanwalt auf, um sich wegen einer möglichen Rückabwicklung des Kaufvertrags über das Haus beraten zu lassen. Das Nachlassgericht hatte zu entscheiden, ob dem Urenkel ein Erbschein erteilt werden kann. Dem Gericht lag ein Original des Testaments zugunsten der Haushälterin vor, welches der Rechtsanwalt der Haushälterin übersandt hatte. Der Urenkel behauptete dagegen, die Erblasserin habe das Testament widerrufen. Es habe ein zweites Original des Testaments gegeben. Dieses habe die Erblasserin im Rahmen der Beratung zur Rückabwicklung des Hauskaufs ihrem Rechtsanwalt gezeigt und es vor seinen Augen zerrissen. Deshalb gelte wieder die frühere Erbeinsetzung zu seinen Gunsten.

Das Nachlassgericht hat die Rechtsanwälte der Erblasserin und die Haushälterin als Zeugen vernommen. Es kam dann zu dem Ergebnis, dass der Urenkel Alleinerbe geworden und ihm ein Erbschein zu erteilen ist.

Das OLG hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Haushälterin zurückgewiesen. Zur Begründung führten die Richter aus, dass der Erblasser ein Testament jederzeit ohne besonderen Grund widerrufen könne. Dazu könne zum Beispiel einfach die Testamentsurkunde vernichtet werden. Sofern jedoch mehrere Urschriften vorhanden seien, könne die Vernichtung lediglich einer Urkunde nur genügen, wenn keine Zweifel über den Aufhebungswillen des Erblassers bestünden. Dies sei hier der Fall. Der Anwalt der Erblasserin, der kein erkennbares persönliches Interesse am Ausgang des Streits gehabt habe, habe glaubhaft ausgesagt, dass die Erblasserin ein Original des Testaments in seiner Anwesenheit zerstört habe. Dabei habe sie zweifelsfrei bekundet, dass sie nicht an der Erbeinsetzung der Haushälterin festhalten wolle. Dazu passe, dass die Erblasserin keinen Kontakt mehr zur Haushälterin gehabt habe und unstreitig versucht habe, die Übertragung des Grundstücks an sie rückgängig zu machen. Angesichts ihres Alters von über 90 Jahren könne angenommen werden, dass sie das zweite Original schlicht vergessen habe. Trotz der Existenz dieses weiteren Originals sei daher vom Widerruf des die Haushälterin begünstigenden Testaments auszugehen.

Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 22.4.2020, 2 Wx 84/20, Abruf-Nr. 216246 unter www.iww.de.


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