Erbrecht Info - 11.2019

Erbschaftsteuer:

Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim nur bei unverzüglicher Selbstnutzung

| Unter gewissen Voraussetzungen können Familienheime vererbt werden, ohne dass Erbschaftsteuer anfällt. Eine Bedingung ist, dass der Erwerber die Wohnung unverzüglich zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmt. Mit diesem Kriterium hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) nun näher befasst. |

Die vom Erblasser vorher selbst genutzte Wohnimmobilie kann steuerfrei vererbt werden, wenn das Familienheim vom Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner weitere 10 Jahre lang bewohnt wird. Erben Kinder oder Enkel (verstorbener Kinder), ist darüber hinaus zu beachten, dass die Steuerbefreiung auf eine Wohnfläche von 200 qm begrenzt ist. Wird die Grenze überschritten, unterliegt der übersteigende Teil der Erbschaftsteuer.

Eine wichtige Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Erben das Familienheim unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmen müssen.

Sachverhalt: Der Steuerpflichtige und sein Bruder beerbten zusammen ihren am 5.1.2014 verstorbenen Vater. Zum Nachlass gehörte ein Zweifamilienhaus mit einer Wohnfläche von 120 qm, das der Vater bis zu seinem Tod allein bewohnt hatte. Die Brüder schlossen am 20.2.2015 einen Vermächtniserfüllungsvertrag, nach dem der Steuerpflichtige das Alleineigentum an dem Haus erhalten sollte. Die Eintragung in das Grundbuch erfolgte am 2.9.2015. Renovierungsangebote holte der Steuerpflichtige ab April 2016 ein. Die Bauarbeiten begannen im Juni 2016.

Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer fest, ohne die Steuerbefreiung für Familienheime zu berücksichtigen – und zwar zu Recht, wie nun der BFH entschied.

Der Erwerber muss die Wohnung unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmen. Unverzüglich erfolgt eine Handlung nur, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird. Angemessen ist regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten nach dem Erbfall.

Wird die Selbstnutzung der Wohnung erst nach Ablauf von sechs Monaten aufgenommen, kann ebenfalls eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung vorliegen. Allerdings muss der Erwerber in diesem Fall darlegen und glaubhaft machen,

  • zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat,
  • aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug nicht früher möglich war und
  • warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat.

Solche Gründe können z. B. vorliegen, wenn sich der Einzug wegen einer Erbauseinandersetzung zwischen den Miterben verzögert. Dem Erben ist es grundsätzlich auch nicht anzulasten, wenn sich eine Renovierung deshalb länger hinzieht, weil nach Beginn der Renovierungsarbeiten ein gravierender Mangel der Wohnung entdeckt wird, der vor dem Einzug beseitigt werden muss.

Je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Erbfall und dem tatsächlichen Einzug ist, umso höhere Anforderungen sind an die Darlegung des Erwerbers und seine Gründe für die verzögerte Nutzung der Wohnung zu stellen.

Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige erst im April 2016 Angebote von Handwerkern eingeholt und damit überhaupt erst mit der Renovierung begonnen. Gründe für diese Verzögerung hatte der Steuerpflichtige nicht dargelegt. Der BFH wies zudem darauf hin, dass der Steuerpflichtige noch nicht einmal bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (d. h. zwei Jahre und acht Monate nach dem Erbfall) in das Haus eingezogen war.

Quelle | BFH, Urteil vom 28.5.2019, II R 37/16, Abruf-Nr. 210073 unter www.iww.de.


Rente:

Anspruch auf Witwenrente trotz nur viertägiger Ehe

| Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat. Eine Ausnahme gilt nur, wenn nach den besonderen Umständen des Falls nicht davon ausgegangen werden kann, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Ein solcher Ausnahmefall kann auch bei einer nur viertägigen Ehe vorliegen. |

Das folgt aus einer Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Karlsruhe. Die Richter sahen in diesem Fall hinreichend gewichtige Umstände nachgewiesen, die gegen eine Versorgungsehe sprachen. Mit der Eheschließung sei ein früherer Heiratsentschluss konsequent verwirklicht worden. Dieser habe bereits bestanden, bevor die Eheleute von der lebensbedrohenden Krankheit erfuhren. So hatten die Eheleute bereits 2013 konkrete Heiratspläne. Sie hatten bereits Unterlagen für das Standesamt beschafft und den Kostenvoranschlag eines Restaurants für die Feier eingeholt. Die Hochzeit fand aufgrund des plötzlichen Todes des Vaters der Frau nicht statt. Die konkreten Schritte, um die Heiratsabsicht 2013 zu verwirklichen, führten hier dazu, dass die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe widerlegt wurde. Im Ergebnis stand der Frau daher eine Witwenrente zu.

Quelle | SG Karlsruhe, Urteil vom 6.11.2018, S 10 R 1885/17, Abruf-Nr. 210613 unter www.iww.de.

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