Familienrecht Info - 02.2015

Verschollenheitsgesetz:

Ein seit fünf Jahren verschollener Senior kann für tot erklärt werden

| Ein Verschollener, der das 80. Lebensjahr erreicht haben würde und seit fünf Jahren verschollen ist, kann für tot erklärt werden. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und damit den erstinstanzlichen Beschluss des Amtsgerichts Castrop-Rauxel bestätigt. Der im Jahre 1932 geborene Betroffene lebte bis Juli 2004 in einer Wohngruppe für Demenzkranke in Castrop-Rauxel, weil er altersverwirrt und desorientiert war. In diesem Monat kehrte er nicht in die Wohngruppe zurück. Eingeleitete Fahndungsmaßnahmen und Presseveröffentlichungen führten nicht zu seinem Wiederauffinden. Er ist seitdem verschollen. Im Jahre 2012 beantragte der Rentenversicherer des Verschollenen, ein Aufgebotsverfahren mit dem Ziel durchzuführen, den Betroffenen für tot zu erklären. In diesem Verfahren erklärte das Amtsgericht Castrop-Rauxel den Verschollenen mit dem angefochtenen Beschluss für tot. Gegen diese Entscheidung wandte sich der Sohn des Verschollenen mit seiner Beschwerde. Er bezweifelt den Tod seines Vaters.

Das OLG bestätigte, dass ein Aufgebotsverfahren nach dem Verschollenheitsgesetz mit dem Ziel der Todeserklärung habe eingeleitet werden dürfen. Der Betroffene sei verschollen. Sein Aufenthalt sei seit längerer Zeit unbekannt, ohne dass Nachrichten darüber vorlägen, ob er in dieser Zeit noch gelebt habe und ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet seien. Bei seinem Verschwinden sei der Betroffene 72 Jahre alt gewesen. Er habe an einer fortgeschrittenen Alters-Alzheimer-Erkrankung gelitten. Auch wenn er noch körperlich rüstig gewesen sei, wie sein Sohn vortrage, sprächen ernsthafte Zweifel gegen das Fortleben des Verschollenen. Die Vermutung seines Sohnes, dass er als unbekannte Person in einer Pflegeeinrichtung untergekommen sei, sei auch nach Einschätzung des zuständigen Polizeikommissariats wenig wahrscheinlich. Es sei schwer vorstellbar, dass eine unbekannte Person in Deutschland oder dem benachbarten Ausland eine kostenträchtige Intensivpflege erhalte, ohne dass versucht werde, seine Identität aufzuklären.

Die Voraussetzungen für eine Todeserklärung nach dem Verschollenheitsgesetz lägen vor. Der Verschollene sei letztmalig 2004 lebend gesehen worden. Wenn er dann zwischenzeitlich das 80. Lebensjahr erreicht habe bzw. hätte erreichen müssen und fünf Jahre seit seinem Verschwinden verstrichen seien, erfülle dies die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Todeserklärung.

Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 7.2.2014, 15 W 82/13, Abruf-Nr. 143659 unter www.iww.de.


Kindesunterhalt:

Keine Befreiung von Barunterhaltspflicht bei Kinderbetreuung im Wechselmodell

| Die im Rahmen eines Wechselmodells von einem Elternteil geleistete Kinderbetreuung kann nicht zur Befreiung von seiner Barunterhaltspflicht führen. |

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Unterhaltsrechtsstreit. Die Richter machten deutlich, dass im Fall des Wechselmodells vielmehr beide Elternteile für den Barunterhalt einzustehen hätten. Der Unterhaltsbedarf bemesse sich dabei nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern. Er umfasse außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (vor allem Wohn- und Fahrtkosten).

Zwar sehe das Gesetz vor, dass der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreuende Elternteil seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes erfülle. Allerdings gelte dies nur, wenn er auch die Hauptverantwortung für das Kind trage. Ob das der Fall ist, müsse das Gericht jeweils im Einzelfall klären. Dabei komme der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung zwar eine Indizwirkung zu. Die Beurteilung dürfe sich allerdings nicht allein hierauf beschränken.

Quelle | BGH, Beschluss vom 5.11.2014, XII ZB 599/13, Abruf-Nr. 173761  unter www.iww.de.


Steuerfragen:

Sind Scheidungskosten weiterhin als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig?

| Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat als erstes Finanzgericht über die Frage entschieden, ob Scheidungskosten nach der ab 2013 geltenden Neuregelung als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden können. Danach sindProzesskosten für die Ehescheidung selbst abzugsfähig, nicht aber die sogenannten Scheidungsfolgesachen. |

Zum Hintergrund

Nach der langjährigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) waren Zivilprozesskosten – mit Ausnahme von Scheidungskosten – grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abziehbar.

In 2011 hatte der BFH seine Rechtsprechung jedoch geändert und entschieden, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Diese günstige Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ausgehebelt. Nunmehr heißt es: „Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.“

Strittig ist nun, ob

  • mit der Neuregelung „nur“ die Rechtslage vor der steuerzahlerfreundlichen Rechtsprechung des BFH wieder hergestellt werden sollte oder
  • damit auch die Sonderbehandlung der Ehescheidungskosten entfällt.

Entscheidung des Finanzgerichts

Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz sind die Prozesskosten für eine Ehescheidung auch nach der Neuregelung als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Denn der Gesetzestext knüpft exakt an eine Formulierung aus der bis 2010 geltenden Rechtsprechung des BFH an. Diese Anknüpfung weist darauf hin, dass der Gesetzgeber keine neuartigen, sondern die dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden Wertungen in das Gesetz einfließen lassen wollte.

Unter „Verlust der Existenzgrundlage“ ist auch der Verlust der seelischen Existenzgrundlage zu verstehen, die nach der Zerrüttung einer Ehe ohne Scheidung anzunehmen ist. Daher ist die Zwangsläufigkeit bei Ehescheidungen grundsätzlich zu bejahen.

Dagegen stellen die (prozessualen) Kosten für Scheidungsfolgesachen (Unterhalt, Ehewohnung und Haushalt, Güterrecht, Sorgerecht, Umgangsrecht) keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Die Zwangsläufigkeit solcher Kosten ist u.a. deshalb zu verneinen, da sie der Steuerpflichtige dadurch vermeiden kann, dass er die Einbeziehung von Folgesachen in den Scheidungsverbund nicht beantragt.

Praxishinweise

Auch für Veranlagungszeiträume ab 2013 sollten Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Da die Finanzverwaltung diese Aufwendungen jedoch vorerst nicht berücksichtigen und den Ausgang des Revisionsverfahrens abwarten wird, sollte unter Hinweis auf das anhängige Verfahren Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich außergewöhnliche Belastungen nur dann steuermindernd auswirken, wenn sie die im Gesetz festgelegte zumutbare Belastung übersteigen. Die Höhe der zumutbaren Belastung hängt dabei u.a. vom Gesamtbetrag der Einkünfte ab.

Quelle | FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.10.2014, 4 K 1976/14, Rev. BFH VI R 66/14, Abruf-Nr. 143189  unter www.iww.de.

 

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