Familienrecht INFO - 07.2017

28.06.2017
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Adoptionsrecht:

Für eine Stiefkindadoption gelten hohe Anforderungen

| Wenn ein Ehepartner ein Kind aus einer früheren Beziehung mit in die Ehe bringt, stellt sich zuweilen die Frage, ob der neue Ehepartner das Kind adoptieren kann, sodass es dann rechtlich gesehen ein gemeinsames Kind der neuen Ehegatten ist. Darüber hatte das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg zu entscheiden. |

Anders als bei der normalen Adoption bleiben die rechtlichen Bindungen des Kindes zu dem neu verheirateten Elternteil bestehen. Zu dem anderen Elternteil werden dagegen alle Abstammungsbande durchschnitten. Wenn der leibliche Elternteil keine Zustimmung erteilt, kann es nur in Ausnahmefällen zur Adoption kommen. Bei Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren und bei denen nur einer das Sorgerecht für das Kind hat, kann das Gericht die Zustimmung des anderen Elternteils zur Adoption ersetzen, wenn sonst unverhältnismäßige Nachteile für das Kind zur erwarten wären. Der Bundesgerichtshof hat für eine solche „Stiefkindadoption“ hohe Anforderungen gestellt.

Im Fall des OLG Oldenburg hatte die Mutter argumentiert, ihr neuer Ehemann müsse auch rechtlich Vater ihrer Kinder werden, damit er zum Beispiel bei Krankenhausaufenthalten oder Arztbesuchen der Kinder Entscheidungs- und Informationsrechte habe. Das Amtsgericht Vechta hatte den Antrag der Frau zurückgewiesen. Das OLG hat diese Entscheidung bestätigt. Mit der beabsichtigten Adoption seien für die Kinder keine so erheblichen Vorteile verbunden, die eine Durchtrennung der rechtlichen Bande zu ihrem leiblichen Vater rechtfertigen würden. Der sorgeberechtigten Mutter stehe es frei, ihren neuen Ehemann zu bevollmächtigen, für die Kinder bei Arztbesuchen oder ähnlichem Entscheidungen zu treffen und Informationen zu erhalten. Dies sei ausreichend.

Quelle | OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.3.2017, 4 UF 33/17 , Abruf-Nr. 194499 unter www.iww.de.


Gewaltenschutz:

Rechtswidriges Verhalten des Ehegatten lässt eigenes Fehlverhalten nicht entfallen

| Eine Anordnung im Gewaltenschutzverfahren wird nicht dadurch unwirksam, dass sich der andere Ehegatte ebenfalls nicht rechtskonform verhält. |

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg und bestätigt damit eine Anordnung des Amtsgerichts, nach der ein gewalttätiger Ehemann die Ehewohnung nicht mehr betreten und sich der Ehefrau nicht mehr nähern darf. Der Mann hatte gegen die amtsgerichtliche Entscheidung Beschwerde eingelegt. Er hatte argumentiert, seine Frau habe die Anordnung nur dazu nutzen wollen, den gemeinsamen Hausrat zu verkaufen. Außerdem habe sie die gemeinsamen Kinder ohne Absprache mit in die Türkei genommen. Sie habe sich daher selbst nicht rechtskonform verhalten.

Die Richter am OLG hielten die Anordnung des Amtsgerichts für richtig. Es sei unerheblich, ob die Frau sich selbst rechtskonform verhalten habe oder nicht. Denn ein etwaiges rechtswidriges Verhalten der Frau lasse ein rechtswidriges Verhalten des Mannes nicht entfallen. Dem Mann stehe es frei, sich gegen ein rechtswidriges Verhalten der Frau auf dem normalen Rechtsweg gesondert zur Wehr zu setzen.

Nach der Beweisaufnahme des Amtsgerichts stehe darüber hinaus fest, dass der Mann seine Frau durch die ernstzunehmende Ankündigung, ihr den Bauch aufzuschlitzen und so zu töten, massiv körperlich bedroht habe. Hierdurch habe er auch seine eingeschränkte Fähigkeit, seine Emotionen zu kontrollieren, unter Beweis gestellt. Auch in der Verhandlung vor dem Amtsgericht war es der Amtsrichterin nur mühsam gelungen, den Mann davon abzuhalten, seine Frau zu beschimpfen und der Lüge zu bezichtigen. Darüber hinaus habe er seine Frau gegenüber den gemeinsamen, noch kleinen Kindern als Schlampe bezeichnet und von den Kindern verlangt, dies auch selbst gegenüber Dritten zu tun.

Vor dem gesamten Hintergrund sei die Anordnung des Amtsgerichts daher nicht zu beanstanden, so das OLG. Der Mann hat nach einem entsprechenden Hinweis des Senats seine Beschwerde zurückgenommen.

Quelle | OLG Oldenburg, Beschluss vom 27.1.2017, 4 UF 3/17, Abruf-Nr. 194498 unter www.iww.de.


Sorgerecht:

Schutzimpfung für Kinder: Wenn sich die Eltern nicht einigen können…

| Können sich die Eltern bei gemeinsamer elterlicher Sorge in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, überträgt das Familiengericht auf Antrag die Entscheidung einem der Elternteile. Die Entscheidungskompetenz ist dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird. |

Das ist das Ergebnis eines Sorgerechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die gemeinsam sorgeberechtigten nichtehelichen Eltern konnten sich nicht darüber einig werden, ob Schutzimpfungen für die Tochter notwendig seien. Der Vater befürwortet die altersentsprechenden Schutzimpfungen, die durch die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) empfohlen werden. Die Mutter ist der Meinung, das Risiko von Impfschäden wiege schwerer als das allgemeine Infektionsrisiko. Nur wenn ärztlicherseits Impfschäden mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten, könne sie eine anlassunabhängige Impfung ihrer Tochter befürworten.

Das Amtsgericht hat dem Vater das Entscheidungsrecht über die Durchführung von Impfungen übertragen. Auf die Beschwerde der Mutter hat das Oberlandesgericht es bei der Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf den Vater belassen, diese aber auf Schutzimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Pneumokokken, Rotaviren, Meningokokken C, Masern, Mumps und Röteln beschränkt.

Die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde der Mutter ist ohne Erfolg geblieben. Die Richter am BGH stellten klar, dass eine Schutzimpfung keine alltägliche Angelegenheit sei. Sowohl das durch eine Impfung vermeidbare und mit möglichen Komplikationen verbundene Infektionsrisiko als auch das Risiko einer Impfschädigung belegen die erhebliche Bedeutung. Daher könne nicht einfach der Elternteil entscheiden, bei dem sich das Kind aufhalte.

Das Oberlandesgericht hat den Vater mit Recht als besser geeignet angesehen, um über die Durchführung der aufgezählten Impfungen des Kindes zu entscheiden. Es hat hierfür in zulässiger Weise darauf abgestellt, dass der Vater seine Haltung an den Empfehlungen der STIKO orientiert. Die Impfempfehlungen der STIKO sind vom BGH bereits als medizinischer Standard anerkannt worden. Da keine einschlägigen Einzelfallumstände wie etwa bei dem Kind bestehende besondere Impfrisiken vorliegen, konnte das Oberlandesgericht auf die Impfempfehlungen als vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgreifen. Die von der Mutter erhobenen Vorbehalte, die aus ihrer Befürchtung einer „unheilvollen Lobbyarbeit von Pharmaindustrie und der Ärzteschaft“ resultieren, musste das Oberlandesgericht dagegen nicht zum Anlass nehmen, ein gesondertes Sachverständigengutachten über allgemeine Impfrisiken einzuholen.

Quelle | BGH, Beschluss vom 3.5.2017, XII ZB 157/16, Abruf-Nr. 194155 unter www.iww.de.

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