Mietrecht und WEG Info - 09.2021

Zweckentfremdung von Wohnungen:

Airbnb: Pflicht zur Übermittlung von Vermieterdaten bei Anfangsverdacht

| Behörden dürfen die Betreiber von Internet-Plattformen zur Buchung und Vermietung privater Unterkünfte bei einem Anfangsverdacht für eine Zweckentfremdung verpflichten, die Daten der Vermieter zu übermitteln. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entschieden. |

Das war geschehen

Die Klägerin betreibt eine Internetplattform, auf der die Vermietung von Ferienwohnungen auch in Berlin angeboten wird. Ein Berliner Bezirksamt hatte die Klägerin verpflichtet, u. a. Namen und Anschriften von Anbietern zu übermitteln, deren Inserate in online veröffentlichten Listen aufgezählt waren, und die genaue Lage der von ihnen angebotenen Ferienwohnungen. Dies begründete das Bezirksamt mit einem Verdacht für einen Verstoß gegen zweckentfremdungsrechtliche Vorschriften. Denn die Inserate enthielten keine oder falsche Registriernummern. Sie ließen zudem die Geschäftsdaten gewerblicher Vermieter nicht erkennen.

Hiergegen setzte sich die Klägerin mit ihrer Klage zur Wehr. Sie meint, die Norm, auf die das Auskunftsverlangen gestützt werde, sei verfassungswidrig. Zudem sei der Bescheid rechtswidrig. Er betreffe als Sammelabfrage keinen Einzelfall. Zudem liege keine konkrete Gefahr einer Zweckentfremdung vor. Überdies missachte er unionsrechtliche Vorgaben und verlange von der Klägerin, dass sie gegen irisches Datenschutzrecht verstoße, dem allein sie verpflichtet sei.

So sieht es das Verwaltungsgericht

Das VG hat die Klage überwiegend abgewiesen. Denn die vom Bezirksamt herangezogene Rechtsgrundlage unterliege keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie greife zwar in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dieser Eingriff sei aber verhältnismäßig, hinreichend bestimmt und normenklar. Auch mit Unionsrecht sei die Bestimmung vereinbar.

Das Auskunftsverlangen betreffe in einem Bescheid gebündelte Einzelfälle. Denn es beziehe sich auf jeweils genau bezeichnete Unterkünfte und Vermieter. Wegen der Anonymität der Angebote seien an den hinreichenden Anlass für ein Auskunftsersuchen nur geringe Anforderungen zu stellen. Ein solcher könne angenommen werden, wenn Anbieter ganzer Unterkünfte in ihren Inseraten keine oder eine ersichtlich falsche Registriernummer anzeigten oder sich eine gewerbliche Vermietung nicht bereits aus dem jeweiligen Angebot selbst, vor allem durch die Angabe von Geschäftsdaten ergebe.

Das irische Datenschutzrecht könne die Klägerin nicht entgegenhalten. Denn das sog. Herkunftslandprinzip, auf das sie sich in der Sache berufe, sei hier nicht anzuwenden.

Das VG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zum Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg zugelassen.

Quelle | VG Berlin, Urteil vom 23.6.2021, VG 6 K 90/20, PM 41/2021 vom 24.6.2021


Eigenbedarfskündigung:

Schutz alter und verwurzelter Mieter

| Das Landgericht (LG) Berlin hat jetzt entschieden: Mieter können vom Vermieter unter Berufung auf ihr hohes Lebensalter und ihre langjährige und tiefe Verwurzelung am Ort der Mietsache die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. |

Das war geschehen

Mieter und Vermieter stritten darüber, ob die 89jährige beklagte Mieterin die 1997 von den Rechtsvorgängern der klagenden Vermieterin gemietete Wohnung räumen musste. Die Klägerin hatte bereits mehrfach das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs gekündigt. Die Beklagte und ihr mittlerweile verstorbener Ehemann widersprachen den Kündigungen jeweils. Sie verwiesen auf ihr hohes Alter, ihren schlechten Gesundheitszustand, ihre langjährige Verwurzelung am Ort der Mietsache und ihre begrenzten Mittel, sich Ersatzwohnraum zu beschaffen.

So ging es durch die Instanzen

Das Amtsgericht (AG) hatte die Räumungsklage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte zunächst keinen Erfolg. Denn das LG Berlin meinte, der Beklagten stehe allein aufgrund ihres hohen Lebensalters ein Anspruch auf eine zeitlich unbestimmte Fortsetzung des Mietverhältnisses zu.

Das hatte der Bundesgerichtshof (BGH) jedoch anders gesehen: Allein das hohe Alter eines Mieters ohne weitere Feststellungen zu den sich hieraus ergebenden Folgen stellten für Mieter noch keine Härte dar. Zudem sei eine „tiefe Verwurzelung“ am Ort der Mietwohnung von der individuellen Lebensführung des jeweiligen Mieters abhängig.

Das entschied nun das LG

Die Sache ging also zurück zum LG. Dieses wies die Berufung der Klägerin jetzt erneut zurück. Es sei unerheblich, ob die gesundheitlichen Beeinträchtigungen tatsächlich derartig erheblich sind, wie vom AG angenommen. Denn Mieter könnten sich im Einzelfall auch ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen berechtigt auf eine Fortsetzung des Mietverhältnisses berufen, zum Beispiel, wenn sie sich zum Zeitpunkt des Wohnungsverlustes bereits in einem hohen Lebensalter befänden und zudem wegen eines langjährigen Mietverhältnisses tief am Ort der Mietsache verwurzelt seien.

Diese Voraussetzungen hat das LG nach erneuter Tatsachenfeststellung bejaht. Die Folgen des Wohnungsverlustes seien für die Beklagte so gravierend, dass sie auf eine Verletzung ihrer grundgesetzlich garantierten Menschenwürde hinausliefen.

Die Interessen der Vermieterin müssten dahinter zurückstehen. Anderes könne nur gelten, wenn der Vermieter besonders gewichtige persönliche oder wirtschaftliche Nachteile für den Fall des Fortbestands des Mietverhältnisses geltend mache, die zumindest gleichrangig mit den Interessen des betagten und an seinem Wohnort tief verwurzelten Mieters seien. Ein solches hohes Erlangungsinteresse konnte die Klägerin aber nicht geltend machen. Denn die von ihr beabsichtigte Eigennutzung der Wohnung war nur auf bloßen Komfortzuwachs gerichtet und darauf, unerhebliche wirtschaftliche Nachteile zu vermeiden.

Quelle | LG Berlin, Urteil vom 25.5.2021, 67 S 345/18, PM 24/21 vom 27.5.2021

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