Steuerrecht Info - 04.2023

3.04.2023
|
Reform der Grundsteuer:

78 % aller Grundsteuer-Erklärungen abgegeben

| Nach Informationen der Bundesregierung wurden 77,68 % aller Grundsteuer-Erklärungen bis Ende Februar 2023 abgegeben. |

Die Frist zur Abgabe der Grundsteuer-Erklärung war bereits Ende Januar 2023 abgelaufen; nur in Bayern wurde eine dreimonatige Verlängerung gewährt. Die Reform der Grundsteuer war nach einem Verfassungsgerichtsurteil notwendig geworden. Zur Reform gehört, dass alle rund 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Nun werden die Grundeigentümer, die bisher keine Erklärung abgegeben haben, zur Abgabe aufgefordert.

Quelle | Deutscher Bundestag, hib 148/2023 vom 1.3.2023


Freibeträge:

Gilt eine zivilrechtliche Vorversterbensfiktion auch erbschaftsteuerlich?

| Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hat sich zu dem Begriff „Verstorbener“ im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes (hier: § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) geäußert. Dabei hat es hervorgehoben, dass die durch einen Erbverzicht ausgelöste Vorversterbensfiktion nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB) nicht zu einem erbschaftsteuerlichen Freibetrag führt. |

In § 16 ErbStG werden die erbschaftsteuerlichen Freibeträge geregelt. Enkeln („Kinder der Kinder“) steht ein Freibetrag i. H. v. 200.000 Euro zu. Anders ist es jedoch, wenn die Kindergeneration zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits verstorben ist. Dann steht auch Enkeln der Freibetrag i. H. v. 400 000 Euro zu.

Zivilrechtlich besteht die Möglichkeit, durch einen Erbvertrag auf sein gesetzliches Erbrecht zu verzichten. Folge ist, dass der Verzichtende von der gesetzlichen Erbfolge so ausgeschlossen ist, als wenn er zurzeit des Erbfalls nicht mehr lebte. Er hat auch kein Pflichtteilsrecht. Dieser Erbverzicht erstreckt sich auch auf die Abkömmlinge. Dies kann aber ausgeschlossen werden.

In diesem Zusammenhang hat das Niedersächsische FG nun entschieden, dass „verstorben“ nicht ist, wer lediglich zivilrechtlich aufgrund eines Erbverzichts als vorverstorben gilt, aber tatsächlich noch lebt. Die durch einen Erbverzicht ausgelöste Vorversterbensfiktion führt also nicht zu einem erbschaftsteuerlichen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Zu dem Fall ist allerdings die Revision anhängig (BFH II R 13/22).

Quelle | Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.2.2022, 3 K 176/21, Abruf-Nr. 229083 unter www.iww.de


Gestaltungsmöglichkeit:

Arbeitgeber kauft das Arbeitnehmer-Handy für 1 Euro: Privatnutzung ist dennoch steuerfrei

| Der Bundesfinanzhof (BFH) hat folgende Gestaltung zugelassen: Die Erstattung von Telefonkosten für einen vom Arbeitnehmer abgeschlossenen Mobilfunkvertrag durch den Arbeitgeber ist auch steuerfrei, wenn der Arbeitgeber das Mobiltelefon von dem Arbeitnehmer zu einem unter dem Marktwert liegenden Preis erworben hat und es dem Arbeitnehmer unmittelbar danach wieder zur privaten Nutzung überlässt. |

Hintergrund: Die private Nutzung betrieblicher Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsgeräte (z. B. Smartphone und Tablet) durch den Arbeitnehmer ist unabhängig vom Verhältnis der beruflichen zur privaten Nutzung steuerfrei. Geregelt ist dies im Einkommensteuergesetz (§ 3 Nr. 45 EStG). Die Steuerfreiheit umfasst auch die Nutzung von Zubehör (z. B. Ladekabel) und Software sowie die vom Arbeitgeber getragenen Verbindungsentgelte.

Beachten Sie | Die Steuerbefreiung führt zudem zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung.

Profitieren können alle Arbeitnehmer. Es spielt keine Rolle, ob es sich um Voll- oder Teilzeitkräfte, Aushilfen oder Auszubildende handelt. Selbst Minijobber können ein steuer- und beitragsfreies Smartphone erhalten ohne Anrechnung auf die 520 Euro-Grenze.

Voraussetzung für die Steuer- und Beitragsfreiheit ist, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein entsprechendes Gerät überlässt. Das Eigentum muss demzufolge beim Arbeitgeber liegen.

Gestaltungsbeispiel

Der Arbeitgeber kauft das Handy des Arbeitnehmers zu einem nicht marktüblichen Preis (z. B. 1 Euro) und stellt es dem Arbeitnehmer anschließend zur privaten Nutzung zur Verfügung. Die Verbindungsentgelte des Arbeitnehmers werden nach dem Kauf vom Arbeitgeber übernommen.

Finanzverwaltung: Kaufvertrag hält Fremdvergleich nicht stand

Bei diesen Sachverhalten gewährte die Finanzverwaltung bisher keine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 45 EStG. Die Begründung: Der Kaufvertrag würde einem Fremdvergleich nicht standhalten. Somit würde es sich bei der Zurverfügungstellung des Mobiltelefons nicht um ein betriebliches Telekommunikationsgerät des Arbeitgebers handeln.

Bundesfinanzhof: Weder Scheingeschäft noch missbräuchliche Gestaltung

Der BFH hat dies nun allerdings anders beurteilt. Nach seiner Auffassung liegt weder ein Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)) noch ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (im Sinne von § 42 AO) vor.

Auch nach Fremdvergleichsgrundsätzen ist die Gestaltung nicht zu versagen. Denn neben dem vereinbarten Kaufpreis erlangt der Arbeitnehmer den Vorteil, dass der Arbeitgeber ihm die Kosten des jeweiligen Mobilfunkvertrags erstattet und das Risiko bei Reparaturen, Beschädigungen oder Zerstörung der Geräte trägt.

Quelle | BFH, Urteile vom 23.11.2022, VI R 49/20, Abruf-Nr. 233801; VI R 50/20, Abruf-Nr. 233796; VI R 51/20, Abruf-Nr. 233842 unter www.iww.de


Photovoltaikanlagen:

Finales Schreiben der Finanzverwaltung zum neuen Nullsteuersatz

| Für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen wurde durch das Jahressteuergesetz 2022 ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz eingeführt (§ 12 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG)), der am 1.1.2023 in Kraft getreten ist. Hier kommt es auf die Leistungserbringung, also regelmäßig die Abnahme der Anlage an. Nur einen Monat nach dem Entwurfsschreiben hat das Bundesfinanzministerium (BMF) jetzt die finale Fassung veröffentlicht. |

Unter anderem haben sich bei den Fragen zur unentgeltlichen Wertabgabe bei Altanlagen (Anschaffung/Abnahme bis zum 31.12.2022) Anpassungen ergeben. Hier wurde nun u. a. wie folgt formuliert:

Die Entnahme oder unentgeltliche Zuwendung einer Photovoltaikanlage, die vor dem 1.1.2023 erworben wurde und die zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, unterliegt nach § 3 Abs. 1b UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer.

Eine Entnahme des gesamten Gegenstands ist nur möglich, wenn künftig voraussichtlich mehr als 90 % des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Hiervon ist auszugehen, wenn der Betreiber beabsichtigt, zukünftig mehr als 90 % des mit der Anlage erzeugten Stroms für unternehmensfremde Zwecke zu verwenden. Dies ist aus Vereinfachungsgründen insbesondere anzunehmen, wenn ein Teil des erzeugten Stroms z. B. in einer Batterie gespeichert wird. Es reicht auch aus, wenn eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung für unternehmensfremde Zwecke von über 90 % nahelegt.

Quelle | BMF, Schreiben vom 27.2.2023, III C 2 – S 7220/22/10002 :010, Abruf-Nr. 234002 unter www.iww.de


Steuerermäßigung:

Behindertengerechter Gartenumbau ist keine außergewöhnliche Belastung

| Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Aufwendungen für einen behindertengerechten Umbau des zum selbst bewohnten Einfamilienhaus gehörenden Gartens keine außergewöhnlichen Belastungen. |

Eheleute bewohnen ein in ihrem Eigentum stehendes Einfamilienhaus mit Garten. Die Ehefrau leidet an einem Post-Polio-Syndrom, weshalb für sie ein Grad der Behinderung von 70 mit den Merkzeichen G und aG festgestellt wurde. Auf der Rückseite des Einfamilienhauses befindet sich eine Terrasse, die mit einem Rollstuhl erreicht werden kann. Auf der Vorderseite befanden sich ursprünglich Beete, die nur durch einen schmalen Fußweg zu erreichen waren. Diesen Weg ließen die Eheleute in eine gepflasterte Fläche umbauen und legten dort Hochbeete an.

Die Kosten machten sie als außergewöhnliche Belastungen geltend, da die Maßnahme medizinisch notwendig gewesen sei. Zudem gehöre der Garten zum existenznotwendigen Wohnbedarf. Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) Münster versagten jedoch den Abzug, was der BFH bestätigte.

Bei außergewöhnlichen Belastungen müssen dem Steuerpflichtigen die Aufwendungen zwangsläufig erwachsen. Daher sind z. B. Krankheitskosten und Aufwendungen zur Befriedigung des existenznotwendigen Wohnbedarfs grundsätzlich anzuerkennen. Obwohl die Umbaumaßnahme eine Folge der Verschlechterung des Gesundheitszustands gewesen ist, sind die Aufwendungen nicht zwangsläufig entstanden. Denn sie sind nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern primär Folge eines frei gewählten Freizeitverhaltens.

Ganz leer gingen die Ehegatten aber nicht aus. Denn ihnen stand die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen zu (20 % der Lohnkosten, maximal 1.200 Euro).

Quelle | BFH, Urteil vom 26.10.2022, VI R 25/20, Abruf-Nr. 233920 unter www.iww.de, PM Nr. 10/23 vom 23.2.2023

Comments are closed.

Previous Next
Close
Test Caption
Test Description goes like this