Steuerrecht Info - 08.2021

4.08.2021
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Rückabwicklung eines Baukredits/Darlehens:

Besteht Steuerpflicht für Vergleichsbeträge?

| Werden Darlehen oder Kredite rückabgewickelt, kommt es bei einem Vergleich oft zu Zahlungen der Bank. Hier stellt sich die Frage, ob es sich um steuerpflichtige Kapitalerträge handelt. Mehrere Entscheidungen der Finanzgerichte (FG) befassen sich nun mit dieser Thematik und kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die unterschiedlichen Sichtweisen verdeutlichen zwei aktuelle Urteile. |

1. Sichtweise: Einkünfte aus Kapitalvermögen

Wird von der Bank nach Widerruf der dem Kreditverhältnis zugrunde liegenden Willenserklärung des Darlehensnehmers ein Vergleichsbetrag als Ersatz für Nutzungsvorteile geleistet, die die Bank aus laufenden Zins- und Tilgungszahlungen gezogen hat (Nutzungsersatz), ist dies steuerpflichtig. So hat es das Finanzgericht (FG) Köln in 2020 entschieden.

Die Vergleichssumme ist nicht in einen Nutzungsersatz und eine nicht steuerbare Rückzahlung überhöhter Zinsen aufzuteilen, sofern in dem Zivilrechtsstreit ausschließlich Nutzungsersatz eingeklagt wurde und nicht auch die Rückgewähr von Zinszahlungen.

2. Sichtweise: Keine Einkünfte aus Kapitalvermögen

Eine andere Sicht hat das FG Baden-Württemberg: Im Streitfall ging es um Ansprüche des Darlehensnehmers aus einem von ihm widerrufenen Darlehensvertrag, die das Finanzamt als Kapitalertrag behandelt hatte. Den in der Darlehensabrechnung berücksichtigten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Nutzungsersatz (rund 19.000 Euro) sah das FG nicht als Kapitalertrag i. S. des Einkommensteuergesetzes (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EstG) an. Das Darlehensverhältnis und die Rückabwicklung sind als eine Einheit zu betrachten mit der Folge, dass die Rückabwicklung zu einer Reduzierung der Zinslast des Darlehensnehmers führt.

Beachten Sie | Wegen der anhängigen Revisionsverfahren können geeignete Fälle mit einem Einspruch vorerst offengehalten werden.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 15.12.2020, 5 K 2552/19, Rev. BFH: VIII R 7/21, Abruf-Nr. 222174 unter www.iww.de; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 8.12.2020, 8 K 1516/18, Rev. BFH: VIII R 5/21, Abruf-Nr. 221052 unter www.iww.de


Lohnersatzleistung:

Kinderkrankengeld ist zwar steuerfrei, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt

| Erhalten Eltern von der Krankenkasse Kinderkrankengeld, ist diese Zahlung nach dem Einkommensteuergesetz (§ 3 Nr. 2 EStG) steuerfrei. Sie unterliegt jedoch als Lohnersatzleistung dem Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG). Eine Aussetzung des Progressionsvorbehalts für das Kinderkrankengeld wegen der Coronapandemie hat die Bundesregierung nun abgelehnt. |

Durch die Schließung von Schulen und Kindertagesstätten mussten zahlreiche Eltern auf das Kinderkrankengeld zurückgreifen (Leistung nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (§ 45 SGB V)). Diese Lohnersatzleistung der gesetzlichen Krankenversicherung kommt zum Tragen, wenn arbeitnehmende Eltern zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres Kindes der Arbeit fernbleiben.

Neben dem Kinderkrankengeld gehören auch andere Unterstützungsmaßnahmen zu den Lohnersatzleistungen, z. B Kurzarbeitergeld, Insolvenzgeld, Krankengeld oder Entschädigungen für Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz.

Der Bezug solcher Leistungen ist zwar steuerfrei. Wegen des Progressionsvorbehalts können diese Leistungen jedoch dazu führen, dass die übrigen steuerpflichtigen Einkünfte der Arbeitnehmer höher besteuert werden, als dies ohne den Einsatz von Lohnersatzleistungen der Fall wäre.

Quelle | Deutscher Bundestag, Antwort der Bundesregierung, BT-Drs. 19/28418 vom 13.4.2021


Kapitalanleger:

Beschränkte Verlustverrechnung für Aktienveräußerungsverluste verfassungswidrig?

| Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden dürfen und nicht auch mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen. |

Hintergrund: Da Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 % besteuert werden, sieht das Einkommensteuergesetz (§ 20 EStG) u. a. vor, dass Verluste aus Kapitalvermögen nur mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden dürfen. Eine zusätzliche Verlustverrechnungsbeschränkung gilt für Verluste aus der Veräußerung von Aktien. Diese dürfen nicht mit anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden, sondern nur mit Gewinnen, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen.

Nach Auffassung des BFH besteht eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, weil sie Steuerpflichtige ohne rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie Verluste aus der Veräußerung von Aktien oder aus der Veräußerung anderer Kapitalanlagen erzielt haben. Man darf gespannt sein, wie nun das BVerfG entscheiden wird.

Quelle | BFH, Beschluss vom 17.11.2020, VIII R 11/18, Abruf-Nr. 222765 unter www.iww.de; BFH, PM Nr. 21/21 vom 4.6.2021


Werbungskosten:

Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete bei einer verbilligten Vermietung

| Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die ortsübliche Marktmiete grundsätzlich auf der Basis des Mietspiegels zu bestimmen. |

Die maßgebliche ortsübliche Marktmiete ergibt sich grundsätzlich aus dem örtlichen Mietspiegel. Hierzu gehören sowohl der einfache Mietspiegel als auch der qualifizierte. Dabei ist jeder der Mietwerte (nicht nur der Mittelwert) als ortsüblich anzusehen, den der Mietspiegel im Rahmen einer Spanne zwischen mehreren Mietwerten für vergleichbare Wohnungen ausweist. Erst die Über- oder Unterschreitung der jeweiligen Grenzwerte führt zur Unüblichkeit.

Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete

Kann ein Mietspiegel nicht zugrunde gelegt werden (z. B.: keine regelmäßige Anpassung an die Marktentwicklung) oder ist er nicht vorhanden, kann die ortsübliche Marktmiete alternativ ermittelt werden, z. B.:

  • mithilfe eines mit Gründen versehenen Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen,
  • durch die Auskunft aus einer Mietdatenbank oder
  • unter Zugrundelegung der Entgelte für zumindest drei vergleichbare Wohnungen.

Beachten Sie | Nach Ansicht des BFH ist jeder dieser Ermittlungswege grundsätzlich gleichrangig.

Hintergrund: Bei einer verbilligten Vermietung gilt die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken bis zum Veranlagungszeitraum 2020 bereits dann als vollentgeltlich, wenn die Miete mindestens 66 % des ortsüblichen Niveaus beträgt. Dann ist der volle Werbungskostenabzug eröffnet. Liegt die Miete darunter, sind die Kosten aufzuteilen.

Totalüberschussprognose und Einkunftserzielungsabsicht

Mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2021 wurde die Grenze von 66 % auf 50 % herabgesetzt. Das bedeutet: Beträgt das Entgelt 50 % und mehr, jedoch weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, ist eine Totalüberschussprognoseprüfung vorzunehmen. Fällt diese positiv aus, ist Einkunftserzielungsabsicht zu unterstellen und der volle Werbungskostenabzug ist möglich. Anderenfalls ist von einer Einkunftserzielungsabsicht nur für den entgeltlich vermieteten Teil auszugehen und die Kosten sind aufzuteilen.

Quelle | BFH-Urteil vom 22.2.2021, IX R 7/20, Abruf-Nr. 222179 unter www.iww.de


Corona-Schutzmasken:

Betriebsausgaben oder Werbungskosten „Ja“, pauschalierte Sonderausgaben „Nein“

| Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, für Schutzmasken (ab 2021: OP-Masken oder Masken der Standards FFP 2, N95 oder KN95 oder einem mindestens vergleichbaren Standard) einen pauschalen Sonderausgabenabzug in Höhe von 200 Euro bei Einzel- und 400 Euro bei Zusammenveranlagung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gewähren. Dies sollte für die Steuererklärungen 2020 und 2021 gelten. Doch dem hat die Bundesregierung nun eine Absage erteilt. |

In anderen Bereichen ist die Beschaffung von Schutzmasken allerdings begünstigt:

  • Die Kosten der Schutzmasken, die der Arbeitgeber für sich oder seine Arbeitnehmer zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit zur Verfügung stellt, sind beim Arbeitgeber voll abzugsfähige Betriebsausgaben.
  • Die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Schutzmasken, die von ihm für die berufliche Nutzung angeschafft werden (z. B. aufgrund der Vorgaben des Arbeitgebers), sind Werbungskosten. Eine private Mitnutzung von untergeordneter Bedeutung ist unschädlich.
  • Schutzmasken, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit zur Verfügung stellt, sind kein Arbeitslohn. Sie werden im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt.

Quelle | Bundesrat vom 22.2.2021, BR-Drs. 50/1/21; Bundesregierung vom 17.3.2021, BT-Drs. 19/27632

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