Steuerrecht Info - 10.2015

27.09.2015
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ALLE STEUERZAHLER

Erneute Änderung der rechtsprechung: Zivilprozesskosten nun doch nicht absetzbar

| Zivilprozesskosten sind grundsätzlich keine außergewöhnlichen Belastungen. Damit gibt der Bundesfinanzhof (BFH) seine steuerzahlerfreundliche Rechtsprechung aus 2011 wieder auf und kehrt zu seiner alten Sichtweise zurück. Etwas anderes kann nur ausnahmsweise gelten, wenn ein Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Eine nähere Definition bleibt der BFH jedoch schuldig. |

Hintergrund

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich außergewöhnliche Belastungen nur dann steuermin- dernd auswirken, wenn sie die im Gesetz festgelegte zumutbare Belastung übersteigen. Die Höhe hängt vom Gesamtbetrag der Einkünfte, Familienstand und von der Zahl der Kinder ab.

Nach der bis 2010 geltenden Rechtsprechung des BFH konnten Zivilprozesskosten – mit Ausnahme von Scheidungskosten – regelmäßig nur dann als außergewöhnliche Belastung abgezo- gen werden, wenn der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr lief, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

In 2011 ist der BFH von dieser restriktiven Sicht jedoch abgewichen und hat den Abzug auch dann zugelassen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Hinweis | Die Rückkehr des BFH zu seiner alten Auffassung entspricht nunmehr im Wesentlichen der ab 2013 geltenden Gesetzeslage. Der Gesetzgeber sah sich nämlich aufgrund der in 2011 erfolgten Rechtsprechungsänderung veranlasst, den Abzug von Zivilprozesskosten einzu- schränken.

Scheidungskosten

Im Zivilprozess des aktuellen Streitfalls ging es um die Rechtmäßigkeit eines Testaments. Die Frage, ob Zivilprozesskosten für eine Scheidung als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, ist damit aber noch nicht beantwortet. Hier wird derzeit kontrovers diskutiert, ob mit der gesetzlichen Neuregelung „nur“ die Rechtslage vor der steuerzahlerfreundlichen Rechtsprechung des BFH wieder hergestellt werden sollte oder damit auch die Sonderbehandlung der Ehescheidungskosten entfällt.

Beachten Sie | Derzeit gilt es, den Ausgang der anhängigen Revisionsverfahren abzuwarten und entsprechende Fälle über einen Einspruch offen zu halten.

QueLLe | BFH Urteil vom 18.6.2015, VI R 17/14, Abruf-Nr. 178744 unter www.iww.de; anhängige Revisionsverfahren u.a. BFH VI R 66/14 und VI R 81/14.


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Vereinfachungsregel für Spenden bis 200 EURO

| Wegen der großen Spendenbereitschaft für Flüchtlinge weist das Finanzministerium Schleswig-Holstein auf eine Sonderregelung für Kleinspenden bis 200 EUR hin. Unter gewis- sen Voraussetzungen muss dem Finanzamt in diesen Fällen nämlich keine Spendenbescheinigung vorgelegt werden, damit ein Sonderausgabenabzug anerkannt werden kann. |

Zum Nachweis einer Kleinspende reicht der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts aus, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • „„Der vom Spendenempfänger hergestellte Beleg enthält Angaben zum steuerbegünstigten Zweck, für den die Zuwendung verwendet wird, über die Freistellung zur Körperschaftsteuer und ob es sich um eine Spende oder einen Mitgliedsbeitrag handelt.
    Hinweis | In der Regel beinhaltet der vorgedruckte Überweisungsträger des Spendenempfängers diese Pflichtangaben.
  • „„Aus der Buchungsbestätigung müssen Name und Kontonummer oder ein sonstiges Identifizierungsmerkmal des Auftraggebers und des Empfängers, der Betrag, der Buchungstag so- wie die tatsächliche Durchführung der Zahlung ersichtlich sein. Der Zuwendende muss zu- sätzlich den vom Zuwendungsempfänger hergestellten Beleg vorlegen.
  • „„Im Falle des Lastschriftverfahrens muss die Buchungsbestätigung Angaben über den steuerbegünstigten Zweck, für den die Zuwendung verwendet wird, und über die Steuerbegünsti- gung des Vereins enthalten.

Hinweis | Diese Ausführungen sollen der Vereinfachung dienen. Selbstverständlich kann die Nachweispflicht auch bei Kleinspenden durch eine Zuwendungsbestätigung erfüllt werden.

QueLLe | FinMin Schleswig-Holstein


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Kindergeld bei mehraktiger Ausbildung

| Eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Kindergeldanspruch bei mehraktiger Ausbildung eröffnet Eltern die Aussicht auf einen längeren Bezug von Kinder- geld. |

Sachverhalt | Nach der Ausbildung zum Elektroniker bewarb sich der volljährige A noch im selben Monat (Februar 2012) für einen Platz an einer Technikerschule sowie einer Fachober- schule für Technik. Ebenfalls im Februar unterschrieb er einen befristeten Arbeitsvertrag in üblich bezahlter Vollzeitbeschäftigung. Nachdem er eine Zusage der Fachoberschule für Tech- nik erhalten hatte, beendete er das Arbeitsverhältnis vorzeitig, um ab Mitte August 2012 diese Bildungseinrichtung besuchen zu können. Der einjährige Vollzeitunterricht erfolgte zur Vorbe- reitung des Studiums an einer Fachhochschule und war Voraussetzung, ein solches aufnehmen zu können.

Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung für März bis Juli 2012 auf, weil A nach Ab- schluss einer erstmaligen Berufsausbildung einer (schädlichen) Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Stunden pro Woche nachgegangen sei. Dies sah der BFH jedoch anders.

Nach Auffassung des BFH hatte das Kind im Streitzeitraum eine erstmalige Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen, sodass es auf die Frage der Erwerbstätigkeit hier nicht ankommt.

Mehraktige Ausbildungsmaßnahmen sind allerdings nur dann als Teil einer Erstausbildung an- zusehen, wenn sie zeitlich und inhaltlich aufeinander abgestimmt sind. Es muss erkennbar sein, dass die Ausbildung nach dem ersten Abschluss fortgesetzt werden soll und das ange- strebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann.

hinweis | Mit diesem Urteil führt der BFH seine Rechtsprechung aus 2014 fort, wonach Kinder- geld grundsätzlich bis zum Abschluss eines dualen Studiums möglich ist. Auch hier kommt es darauf an, dass die einzelnen Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammen- hang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.

QueLLe | BFH Urteil vom 15.4.2015, V R 27/14, Abruf-Nr. 178454 unter www.iww.de; BFH Urteil vom 3.7.2014, III R 52/13, Abruf- Nr. 172680 unter www.iww.de.


VERMIETER

Sofort abzugsfähiger Erhaltungsaufwand oder anschaffungsnahe Herstellungskosten?

| Aufwendungen werden in (anschaffungsnahe) Herstellungskosten umqualifiziert, wenn in- nerhalb von drei Jahren nach Anschaffung des Gebäudes Instandsetzungs- und Modernisie- rungsmaßnahmen durchgeführt werden, deren Nettoaufwendungen 15 Prozent der Gebäude- Anschaffungskosten übersteigen. Das Problem: Vermieter können die Aufwendungen nicht sofort, sondern nur über die Gebäudeabschreibung (regelmäßig 50 Jahre) geltend machen. Aktuell ist u.a. strittig, wie Aufwendungen, die zur Erlangung der Betriebsbereitschaft aufge- wandt werden, zu behandeln sind. |

Sachverhalt | Im Streitfall erwarben Eheleute eine Immobilie und vermieteten sie an ihren Sohn. Zuvor tauschten sie die unbrauchbaren Fenster aus und behandelten die Kosten (17.850 EUR) als Anschaffungskosten (= Aufwendungen zur Erlangung der Betriebsbereitschaft). Die sonstigen Sanierungsarbeiten (16.617 EUR) deklarierten sie als sofort abzugsfähigen Erhal- tungsaufwand. Das Finanzamt berücksichtigte die 16.617 EUR allerdings als anschaffungsnahe Herstellungskosten, weil sie zusammen mit den Aufwendungen für die Fenster die 15 Prozent- Grenze überstiegen. Das sah das Finanzgericht München genauso.

Nach Meinung des Finanzgerichts sind alle Aufwendungen – mit Ausnahme von Erweiterungen und Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen – bei Anwen- dung der 15 Prozent-Grenze zu addieren.

Hinweis | Man darf gespannt sein, wie der Bundesfinanzhof den Fall in der Revision beurteilen wird. Denn bis dato ist höchstrichterlich noch nicht geklärt, wie Aufwendungen zur Erlangung der Betriebsbereitschaft bei der Ermittlung der 15 Prozent-Grenze zu behandeln sind.

QueLLe | FG München, Urteil vom 3.2.2015, 11 K 1886/12, Rev. BFH IX R 15/15, Abruf-Nr. 144659 unter www.iww.de.

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