Steuerrecht Info - 10.2022

1.10.2022
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Lohnsteuer:

Führungskräftefeier: privilegierte Betriebsveranstaltung?

| Nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) Köln ist die pauschale Besteuerung (Steuersatz von 25 %) für Betriebsveranstaltungen nicht auf Veranstaltungen anzuwenden, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen (hier: Vorstands- bzw. Führungskräfte-Weihnachtsfeier). |

Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung) führen zu Arbeitslohn. Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmendem Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie jedoch nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.

Ungeklärt ist die Frage, ob eine „Betriebsveranstaltung“ auch bei einem geschlossenen Kreis (z. B. Vorstands- und Führungskräftefeiern) vorliegt. Dann kann zwar kein Freibetrag von 110 Euro gewährt werden, aber es wäre eine Lohnsteuerpauschalierung nach dem Einkommensteuergesetz (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG) mit 25 % möglich.

Beachten Sie | Da bislang noch keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu der Frage ergangen ist, ob eine Lohnsteuerpauschalierung auch für Betriebsveranstaltungen gilt, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen, hat das FG die Revision zugelassen, die inzwischen anhängig ist.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 27.1.22, 6 K 2175/20, Rev. BFH, VI R 5/22, Abruf-Nr. 228696 unter www.iww.de


Ampel-Koalition:

Drittes Entlastungspaket auf den Weg gebracht

| Wegen steigender Energie- und Nahrungsmittelpreise hat die Ampel-Koalition im September 2022 ein drittes Entlastungspaket geschnürt. Insbesondere steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte werden vorgestellt. |

Zahlungen für Rentner und Studenten

Rentner sollen zum 1.12.2022 eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro erhalten. Die Pauschale ist einkommensteuerpflichtig. Je niedriger die Rente und die weiteren Einkünfte sind, desto höher ist somit die absolute Entlastung. Die Auszahlung erfolgt über die Deutsche Rentenversicherung.

Eine entsprechende Einmalzahlung soll es auch für die Versorgungsempfänger des Bundes geben.

Studenten und Fachschüler sollen einmalig 200 Euro erhalten.

Midijobs

Die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich hier gelten verminderte Arbeitnehmer-Beiträge zur Sozialversicherung wurde bereits mit Wirkung ab dem 1.10.2022 von monatlich 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben. Diese Höchstgrenze soll ab dem 1.1.2023 auf 2.000 Euro steigen.

Dadurch sollen Arbeitnehmer in diesem Lohnbereich um ca. 1,3 Mrd. Euro jährlich entlastet werden, da sie weniger Sozialversicherungsbeiträge zahlen.

Umsatzsteuer

Die Absenkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie von 19 % auf 7 % soll verlängert werden, um diese Branche zu entlasten und die Inflation nicht weiter zu befeuern.

Vom 1.10.2022 bis zum 31.3.2024 soll auch für den Gasverbrauch der ermäßigte Steuersatz von 7 % gelten.

Weitere Maßnahmen im Überblick

Ab dem 1.1.2023 soll das Kindergeld um monatlich 18 Euro für das erste und zweite Kind erhöht werden; für das dritte Kind sind 12 Euro geplant.

Um eine Steuererhöhung wegen der Inflation zu verhindern (kalte Progression), sollen die Tarifeckwerte angepasst werden.

Der Bund ist bereit, bei zusätzlichen Zahlungen der Arbeitgeber an ihre Arbeitnehmer einen Betrag von bis zu 3.000 Euro von der Steuer und den Sozialversicherungsabgaben zu befreien.

Kurzarbeitergeld

Die Sonderregelungen sollen über den 30.9.2022 hinaus verlängert werden.

Für energieintensive Unternehmen, die gestiegene Energiekosten nicht weitergeben können, soll ein Programm aufgelegt werden. Unterstützung sollen Unternehmen bei Investitionen in Effizienz- und Substitutionsmaßnahmen erhalten. Bestehende Programme (z. B. das KfW-Sonderprogramm UBR 2022) sollen bis zum 31.12.2022 verlängert werden.

Beachten Sie | Die beschlossenen Maßnahmen unterliegen in einzelnen Aspekten der Zustimmungspflicht weiterer politischer Gremien und es können Änderungen eintreten.

Quelle | Ergebnis des Koalitionsausschusses vom 3.9.2022: Maßnahmenpaket des Bundes zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung und zur Stärkung der Einkommen; zur Kindergelderhöhung für das dritte Kind: BMF-Referentenentwurf für ein Inflationsausgleichsgesetz mit Stand vom 6.9.2022


Jubiläumsveranstaltung:

Nachträgliche Lohnsteuerpauschalierung führt nicht zur Sozialversicherungspflicht

| Die anlässlich einer Jubiläumsveranstaltung erzielten Einnahmen sind nach einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen auch dann nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn sie erst nach dem 28.2. des Folgejahres nachträglich pauschal besteuert werden. Da die Revision anhängig ist, muss nun das Bundessozialgericht (BSG) entscheiden. |

Das war geschehen

Ein Arbeitgeber hatte am 5.9.2015 anlässlich eines Firmenjubiläums eine Betriebsveranstaltung durchgeführt. Es entstanden Kosten von rund 214.500 Euro (einschl. Umsatzsteuer). Bei der Lohnsteueranmeldung für September 2015 vom 8.10.2015 berücksichtigte der Arbeitgeber diese Kosten zunächst nicht.

Am 31.3.2016 übermittelte der Arbeitgeber dem Finanzamt dann eine korrigierte Lohnsteueranmeldung. Mit dieser meldete er die Lohnsteuer auf den Arbeitslohn aus Anlass der Betriebsveranstaltung mit einem pauschalen Steuersatz von 25 % gemäß Einkommensteuergesetz (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG) an, soweit er den Freibetrag in Höhe von 110 Euro je Teilnehmer überstieg. Auf den Betrag führte er keine Sozialversicherungsbeiträge ab.

Betriebsprüfung: Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen

Nach einer Betriebsprüfung wurden dann Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von ca. 60.050 Euro nachgefordert. Die Begründung: Nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung (§ 1 Abs. 1 S. 2 SvEV) sind die dort genannten Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen nur dann nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn sie vom Arbeitgeber tatsächlich lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert worden sind.

Eine unzutreffende steuer- und beitragsfreie Behandlung könne grundsätzlich nur bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung also längstens bis Ende Februar des Folgejahrs durch eine nachträgliche Pauschalbesteuerung geändert werden.

Gerichtliche Instanzen widersprechen

Das Sozialgericht (SG) Oldenburg und das LSG Niedersachsen-Bremen sahen das aber anders.

Zwar vertreten die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung die Auffassung, eine nachträgliche Pauschalbesteuerung könne stets nur bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung, also längstens bis zum 28.2. des Folgejahrs, geltend gemacht werden. Aber diese Ansicht findet nach Meinung des LSG keine hinreichende Stütze im Gesetz. Insbesondere ist diese zeitliche Grenze nicht dem Einkommensteuergesetz (hier: § 41b EStG „Abschluss des Lohnsteuerabzugs“) zu entnehmen.

Quelle | LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.3.2022, L 12 BA 3/20, Rev. BSG, B 12 BA 3/22 R, Abruf-Nr. 229972 unter www.iww.de; Spitzenorganisationen der Sozialversicherung im Besprechungsergebnis vom 20.4.2016, TOP 5


Rechtsstreit:

Einvernehmliche Erledigung: Doch keine Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit der Abgeltungsteuer

| Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen hält die Abgeltungsteuer für verfassungswidrig und hatte sie dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Prüfung vorgelegt. Doch eine Entscheidung wird es vorerst nicht geben. |

In dem Streitfall hat das Finanzamt inzwischen die Einkommensteuerbescheide geändert und dem Klageantrag des Steuerpflichtigen (u. a. Erfassung der ihm zugerechneten Provisionseinnahmen bei einem Dritten) entsprochen. Daraufhin haben das Finanzamt und der Steuerpflichtige den Rechtsstreit einvernehmlich für erledigt erklärt. Somit ist die Vorlage des FG gegenstandslos geworden.

Quelle | FG Niedersachsen, Beschluss vom 10.8.2022, 7 K 120/21, Newsletter vom 17.8.2022

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