Verbraucherrecht Info - 05.2020

1.05.2020
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KfW Fördermittel:

Förderung für Barrierereduzierung beim Wohnen aufgestockt

| Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hat die Fördermittel für Maßnahmen zur Barrierereduzierung für dieses Jahr auf 100 Mio. EUR erhöht. Bislang standen dafür 75 Mio. EUR bereit. Die Zuschüsse können ab sofort bei der KfW beantragt werden. BMI und die KfW reagieren damit auf die anhaltend hohe Nachfrage nach Barrierereduzierung. |

Für einzelne Maßnahmen vergibt die KfW Zuschüsse in Höhe von 10 Prozent der förderfähigen Kosten (max. 5.000 EUR). Wer sein Haus zum Standard „Altersgerechtes Haus“ umbaut, bekommt 12,5 Prozent der förderfähigen Kosten (max. 6.250 EUR) von der KfW erstattet. Private Bauherren und Mieter können ihren Förderantrag vor Beginn der Vorhaben im KfW-Zuschussportal online stellen und erhalten nach Aussage der KfW innerhalb weniger Augenblicke ihre Förderzusage.


Sozialrecht: Hörgerät:

Kasse muss auch bei gering verbessertem Hören zahlen

| Immer wieder wird vor den Sozialgerichten gestritten, ob Krankenkassen auch über dem Festbetrag liegende Hörgeräte bezahlen müssen, wenn diese nur wenig besser sind. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat dies bejaht, wenn das Gerät das Sprachverstehen um fünf Prozent verbessert und sich dies mit seinen technischen Merkmalen erklären lässt. |

Der Kläger verlangte von seiner Krankenkasse die Mehrkosten für das Hörgerätesystem WIDEX Dream 220 D2-PA. Damit hatte er ein besseres Sprachverstehen in Höhe von fünf Prozent sowohl bei Nutzschall als auch bei Störschall. Erstinstanzlich hatte der Kläger keinen Erfolg. Die Abweichung läge im Bereich üblicher Messschwankungen und rechtfertige die erheblichen Mehrkosten nicht. Auf seine Berufung hin gab ihm das LSG recht. Die Krankenkasse könne sich nicht auf Messungenauigkeiten berufen, die die geringe Abweichung von fünf Prozent nach Auffassung der Hörgeräteakustikerin erklären könnten.

Die Hilfsmittel-Richtlinie sehe bei Anwendung des vorgeschriebenen Freiburger Einsilbertests gerade keine Abschläge für Messungenauigkeiten oder Schwankungen vor. Das bessere Ergebnis war für das Gericht auch deshalb plausibel, weil es sich durch die bessere technische Ausstattung erklären ließ. Die Hörgeräteakustikerin hatte im Gerichtstermin ausgeführt, dass sich das Modell gegenüber dem Festbetragsgerät durch eine bessere Störgeräuschunterdrückung und bessere Rückkopplungsauslöschung auszeichnet. Dabei wich sie von ihrer früheren Meinung ab, dass nur subjektiv ein besseres Sprachverstehen und ein besserer Komfort für den Kläger vorliegen würde.

Quelle | LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.12.2019, L 9 KR 44/17, Abruf-Nr. 214227 unter www.iww.de.


Haftungsrecht:

Deutsche Gerichte müssen „Vorflugregeln“ des italienischen Luftrechts anwenden

| Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hatte über Schadenersatzansprüche aus einem Flugunfall in Norditalien zu entscheiden. |

Der aus Köln stammende Kläger war dort mit einem Hängegleiter (Drachen) unterwegs, der aus dem Bonner Umland stammende Beklagte mit einem Gleitschirm. Es herrschte reger Flugbetrieb mit mehr als zehn Gleitschirmen in der Luft, als die Parteien bei schwacher Thermik in rund 80 Meter Höhe kollidierten. Der Drache des Klägers wurde auf den Rücken gedreht, der Kläger fiel von oben in das Segel und stürzte ab. Trotz der Höhe zog er sich lediglich Prellungen und eine Stauchung des linken Handgelenks zu. Der Beklagte konnte seinen Rettungsschirm öffnen und blieb unverletzt.

Der Kläger war der Auffassung, dass der Beklagte den Unfall verschuldet habe. Er verlangte Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.500 EUR sowie Ersatz weiterer Schäden in Höhe von rund 5.000 EUR.

Mit dieser Forderung blieb er vor dem OLG ohne Erfolg. Die Richter wiesen darauf hin, dass die deutschen Gerichte bei ihrer Entscheidung zwar Anspruchsgrundlagen des deutschen Rechts anzuwenden haben. Sie müssen dabei aber auch die Sicherheits- und Verhaltensregeln nach italienischem Luftrecht berücksichtigen. Nach dem einschlägigen italienischen Präsidialdekret und den Ausweichregeln des Regolamento Regole dell`Aria Italia des ENAC (Nationale Anstalt für die Zivilluftfahrt) haben nicht motorisierte Fluggeräte, welche in einem thermischen Aufwind in einer kreisförmig nach oben steigenden Drehung fliegen, das Vorflugrecht. Andere nicht motorisierte Fluggeräte müssen ausweichen. Dabei gibt derjenige den Drehsinn vor, der sich als erster in dem thermischen Aufwind befindet. Außerdem gilt die allgemeine Sichtflugregelung. Danach ist fortgesetzter Blickkontakt mit möglichen anderen Formen des Luftverkehrs erforderlich. Zudem gilt ein Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme.

Bei der Klärung des Sachverhalts konnte das Gericht mit Hilfe eines Sachverständigen die von den Instrumenten aufgezeichneten Flugwege der Parteien nachvollziehen. Danach ergab sich, dass nicht der Beklagte, sondern der Kläger gegen die Flugregeln verstoßen hatte. Die Auswertung der Daten belegte, dass der Beklagte sich schon vor dem Kläger im Bereich der Thermik befunden hatte. Er war im Steigflug, als sich der Kläger rund zehn Sekunden vor der Kollision mit einer gefährlichen Rechtskurve vor den Gleitschirm des Beklagten setzte. Da der Kläger anstatt um das gemeinsame Drehzentrum der Thermik zu kreisen auf dieses zugeflogen war, Wirbelschleppen erzeugt hatte, die den Gleitschirm ins Straucheln hätten bringen können, nicht stets einen Überblick über die in seiner Nähe befindlichen anderen Piloten gehabt und gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen hatte, traf ihn ein erhebliches Verschulden an dem Unfall. Außerdem berücksichtigte der Senat, dass ein Drache grundsätzlich eine höhere Betriebsgefahr hat. Er fliegt schneller als Gleitschirme und ermöglicht dem Piloten nur eine eingeschränkte Sicht. Die grundsätzlich zu berücksichtigende Betriebsgefahr des Gleitschirms des Beklagten trat dahinter vollständig zurück.

Quelle | OLG Köln, Urteil vom 27.3.2020, 1 U 95/19, Abruf-Nr. 215149 unter www.iww.de.


Haftungsrecht: Schmerzensgeld:

Mitverschulden des Hundehalters beim Hundegefecht

| Kommt es zu einem Gerangel zwischen zwei Hunden, in dessen Verlauf einer der Hundehalter gebissen wird, muss er sich ein Mitverschulden anrechnen lassen.

Das musste sich eine Hundehalterin vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg sagen lassen. Sie war mit ihrem Hund an einem Hundestrand spazieren gegangen. Dort war ihr eine andere Frau mit Hund begegnet. Die Hunde gerieten in eine Auseinandersetzung. Die Hundehalterin versuchte einzugreifen. Ihrer Schilderung zufolge griff sie ihrem Hund in den Nacken, um ihn von dem anderen Hund zu trennen. Dabei habe sie weder direkt vor die Schnauze des anderen Hundes gegriffen, noch den vorderen Halsbereich ihres Hundes umfasst. Trotzdem wurde sie von dem fremden Hund in den linken Unterarm gebissen. Dabei erlitt sie mehrere blutige Bissverletzungen, die bei einer stationären Aufnahme im Krankenhaus genäht werden mussten. Sie hat nach wie vor eine Narbe.

Wegen dieser Sache zog sie vor Gericht und verlangte von der anderen Hundehalterin ein Schmerzensgeld von mindestens 4.000 EUR. Diese müsse für die sogenannte „Tiergefahr“ ihres Hundes haften. Das Landgericht Oldenburg sprach ihr ein Schmerzensgeld von 800 EUR zu und wies ihre Klage im Übrigen ab.

Diese Entscheidung hat das OLG nun bestätigt. Ein höheres Schmerzensgeld als 800 EUR stehe der Frau nicht zu. Sie müsse sich ein Mitverschulden von 80 Prozent anrechnen lassen, so die Richter. So sei zum einen die Tiergefahr ihres eigenen Hundes zu berücksichtigen, auch wenn diese weniger schwer wiege, als die Tiergefahr des Hundes, der sie gebissen habe. Daneben begründe aber auch ihr eigenes Verhalten ein Mitverschulden. Es sei in hohem Maße leichtfertig, in eine brenzlige Auseinandersetzung zweier angriffslustiger Hunde ohne Schutzvorrichtung einzugreifen. Dies habe die Frau letztlich auch selbst eingesehen und daher im Rahmen einer „WhatsApp“-Nachricht eingeräumt, man solle „in ein Hundegefecht nicht einschreiten“. Ein Schmerzensgeld von 800 EUR wie vom Landgericht zugesprochen sei daher jedenfalls nicht zu niedrig, so das OLG.

Quelle | OLG Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 3.9.2019 und Beschluss vom 4.10.2019, 5 U 114/19, Abruf-Nr. 215148 unter www.iww.de.

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