Verbraucherrecht Info - 07.2020

10.07.2020
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Persönlichkeitsrecht:

Lehrer kann Abdruck freiwillig gemachter Klassenfotos nicht untersagen

| Ein Lehrer, der sich bei einem Fototermin in der Schule freiwillig mit Schulklassen hat ablichten lassen, kann später nicht verlangen, dass die im Jahrbuch der Schule veröffentlichten Bilder entfernt werden. |

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz im Fall eines Lehrers. Dieser ließ sich bei einem Fototermin in der Schule mit einer Schulklasse und einem Oberstufenkurs fotografieren. Die Schule gab, wie bereits im Jahr zuvor, ein Jahrbuch mit den Abbildungen sämtlicher Klassen und Kurse nebst den jeweiligen Lehrkräften heraus. Nachdem der Lehrer sich zunächst erfolglos innerhalb der Schulverwaltung gegen die Veröffentlichung der Fotos gewandt hatte, erhob er Klage vor dem Verwaltungsgericht. Er machte geltend, dass die Publikation sein Persönlichkeitsrecht verletze. Er habe kein Einverständnis zur Veröffentlichung der Bilder erteilt, sondern stehe einer solchen vielmehr ablehnend gegenüber. Er habe sich nur ablichten lassen, weil eine Kollegin ihn überredet habe. Den wahren Verwendungszweck der Fotos habe er nicht gekannt.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Nach dem Kunsturhebergesetz bedürfe es keiner Einwilligung in die Veröffentlichung der Fotos im Jahrbuch der Schule, weil diese Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte seien. Dies ergebe sich aus der dafür erforderlichen Abwägung der wechselseitigen Interessen. Ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestehe auch bei Veranstaltungen von regionaler oder lokaler Bedeutung. Eine solche Bedeutung hätten die Jahrbücher mit den Klassenfotos für die Angehörigen der Schule. Demgegenüber seien die Rechte des Lehrers nur geringfügig beeinträchtigt worden. Er sei im dienstlichen Bereich in einer völlig unverfänglichen, gestellten Situation aufgenommen worden. Die Bilder seien in keiner Weise unvorteilhaft oder ehrverletzend. Selbst wenn eine Einwilligung erforderlich gewesen sein sollte, wäre diese aber auch zumindest konkludent erteilt worden, weil der Kläger sich mit den beiden Schülergruppen habe ablichten lassen. Er habe gewusst oder jedenfalls wissen müssen, dass die Schule derartige Klassenfotos bereits in der Vergangenheit für Jahrbücher verwendet habe. Es sei ein widersprüchliches Verhalten, die Veröffentlichung von Fotos einerseits strikt abzulehnen und sich andererseits auf Fotos ablichten zu lassen, die offensichtlich dem Zweck der Veröffentlichung dienten.

Das OVG bestätigte diese Entscheidung. Es lehnte den Antrag des Lehrers auf Zulassung der Berufung ab. Der Lehrer habe keine Gründe dargelegt, warum entgegen der nachvollziehbaren Wertung des Verwaltungsgerichts in der Abwägung zwischen dem Informationsinteresse und der Persönlichkeitsrechte seine Belange hätten höher zu bewerten sein müssen. Auch den vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Widerspruch in seinem Verhalten habe er nicht überzeugend auflösen können.

Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2.4.2020, 2 A 11539/19.OVG, Abruf-Nr. 216249 unter www.iww.de.


Versicherungsrecht:

Kfz-Versicherungsschutz bei einer Überschwemmung

| Hat sich nach einem Starkregen auf einer Straße Wasser von bis zu 90 cm Tiefe angesammelt, ist dies eine Überschwemmung im Sinne der üblichen Bedingungen in der Teilkaskoversicherung. |

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe. Der Versicherungsschutz in der Teilkaskoversicherung greift nach Ansicht des OLG nicht nur ein, wenn eine Überschwemmung ein stehendes oder geparktes Fahrzeug ergreift. Vielmehr besteht Versicherungsschutz auch, wenn ein Fahrzeug in einen überschwemmten Bereich der Straße hineinfährt, und dort durch das stehende Wasser beschädigt wird.

Eine „unmittelbare Einwirkung“ der Überschwemmung auf das Fahrzeug liegt vor, wenn sich das Fahrverhalten des Fahrzeugführers darauf beschränkt, dass er auf der von ihm befahrenen Straße „normal“ weiterfährt, und auf diese Weise in den überschwemmten Straßenbereich hineingerät. Ein fahrlässiges Verhalten des Fahrzeugführers, der seine Fahrt trotz der Wasseransammlung in Verkennung der Gefahr fortsetzt, ändert nichts daran, dass der Schaden am Fahrzeug durch eine unmittelbare Einwirkung der Überschwemmung entstanden ist.

Quelle | OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.10.2019, 9 U 4/18, Abruf-Nr. 215987 unter www.iww.de.


Kfz-Versicherung:

Schaden für Kaskoversicherung lieber sofort anzeigen

| Wer einen Verkehrsunfall hat, sollte dies seiner Vollkaskoversicherung lieber gleich anzeigen. Erfolgt die Schadensanzeige nämlich erst, wenn die in den Versicherungsbedingungen geregelte Meldefrist schon verstrichen ist, geht der Versicherungsnehmer unter Umständen leer aus. |

Das zeigt ein Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig. Dort hatte die Versicherungsnehmerin ihre Vollkaskoversicherung nach einem Verkehrsunfall in Anspruch genommen. Weil sie den Verkehrsunfall aber nicht innerhalb der Wochenfrist, sondern erst über ein Jahr später bei der Versicherung angezeigt hatte, ging sie leer aus. Das OLG führte aus, dass die Versicherungsnehmerin mit der verspäteten Anzeige gegen ihre Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag verstoßen habe. Dass sie zunächst die berechtigte Erwartung gehabt habe, der Unfallgegner werde für den Schaden aufkommen, ändere daran nichts. Die Meldefrist beginne mit dem versicherten Ereignis zu laufen. Das gelte unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer sich entschließe, seine Kaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Durch die verspätete Meldung habe die Versicherung den von der Versicherungsnehmerin behaupteten Unfallhergang nicht mehr überprüfen können. Weil die Versicherungsnehmerin ihr beschädigtes Fahrzeug bald nach dem Unfall veräußert habe, habe auch das Fahrzeug nicht mehr besichtigt werden können.

Quelle | OLG Braunschweig, Hinweisbeschluss vom 16.1.2020, 11 U 131/19, Abruf-Nr. 214271 unter www.iww.de.


Haftungsrecht:

Ein verspäteter Brief kann auch für die Post teuer werden

| Stellt die Post ein ersichtlich fristgebundenes Schreiben trotz vereinbarter Lieferfrist zu spät zu, kann sie für den aus der verspäteten Zustellung entstehenden Schaden ersatzpflichtig sein. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln im Fall einer Frau entschieden, die am 29.9.2017 ein Schreiben an ihre ehemalige Arbeitgeberin verfasst hatte. Darin machte sie Abgeltungsansprüche in Höhe von über 20.000 EUR geltend für Urlaub, den sie wegen Schwangerschaft und Elternzeit nicht hatte nehmen können. Aufgrund einer Klausel im Arbeitsvertrag musste sie diese Ansprüche bis spätestens zum 30.9.2017 geltend machen. Das an die ehemalige Arbeitgeberin adressierte Schreiben enthielt nicht den Zusatz, dass es sich bei der Adressatin um eine GmbH handelt. Die Klägerin gab es am Freitag, dem 29.9.2017, zur Zustellung auf. Sie wählte die Versandmethode „Expresszustellung mit dem Zusatzservice Samstagszustellung“. Nach einem erfolglosen Zustellversuch am 30.9.2017 wurde es letztlich erst am 4.10.2017 zugestellt. Die ehemalige Arbeitgeberin der Frau berief sich deshalb auf eine verspätete Geltendmachung der Ansprüche der Klägerin und zahlte nicht. Den ihr dadurch entstandenen Schaden machte die Frau nun gegen die Beklagte, die Deutsche Post AG, geltend.

Die Beklagte verteidigte sich damit, der Zustellfahrer sei sich wegen des fehlenden Adresszusatzes „GmbH“ und weil die Briefkästen bei der Empfängerin nicht beschriftet waren, unsicher gewesen, ob er die Sendung so zustellen könne und habe deshalb zunächst von einer Zustellung abgesehen. Die Beklagte erstattete nur das Porto in Höhe von 23,80 EUR.

Das Landgericht Bonn hat der Frau Schadenersatz in Höhe von knapp 18.000 EUR zugesprochen. Nachdem die Richter am OLG auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung hingewiesen hatten, hat die Deutsche Post AG diese zurückgenommen.

Zur Begründung hat das OLG im Wesentlichen ausgeführt, die Frau habe gegen die Deutsche Post AG einen Schadenersatzanspruch aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Frachtvertrag. Danach haftet der Frachtführer für den Schaden, der durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. Bei der Sendung habe es sich offenkundig um eine solche gehandelt, bei der die Einhaltung der Lieferfrist für die Absenderin von besonderer Bedeutung und Wichtigkeit war. Dies ergebe sich aus der vereinbarten Zusatzleistung „Samstagszustellung“ und dem erheblichen Porto von 23,80 EUR. An der Anschrift der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin war nur diese als Empfängerin vorhanden. Das Klingelschild war genauso bezeichnet, wie auf dem Brief der Klägerin vermerkt. Daneben hingen zwei unbeschriftete Briefkästen. Nirgends an dem Gebäude ist ein Schriftzug mit der vollen Firma also inklusive GmbH-Zusatz angebracht. Es habe aufgrund all dieser Umstände aus Sicht des Zustellers überhaupt keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine Adressungenauigkeit vorlag. Er hätte jedenfalls die Pflicht gehabt, an der rund um die Uhr besetzten Pforte nachzufragen.

Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 16.4.2020, 3 U 225/19, Abruf-Nr. 216248 unter www.iww.de.

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