Verbraucherrecht Info - 08.2021

5.08.2021
|
Kfz-Kaufvertrag:

Verkauf eines Gebrauchtwagens mit nicht zugelassenen Felgen: Käufer kann nicht zurücktreten

| Wird ein Gebrauchtwagen mit Felgen verkauft, die keine Zulassung haben, berechtigt dies den Käufer nicht zum Rücktritt vom Kauf. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart zugunsten des Verkäufers entschieden. |

Nicht zugelassene Felgen

Im Kaufvertrag über einen gebrauchten BMW 525d xDrive Touring stand folgender Zusatz: „Inkl. 1 x Satz gebrauchte Winterräder auf Alufelgen (ABE [= Allgemeine Betriebserlaubnis] für Winterräder wird nachgereicht).“ Was dem Käufer bekannt war: Die Felgen waren für das Fahrzeug nicht zugelassen. Die versprochene ABE wurde aber nicht nachgeliefert, sodass der Käufer vom Kauf zurücktreten wollte. Damit kam er jedoch nicht durch.

Mangel unerheblich

Dass der BMW im Zeitpunkt der Auslieferung einen Sachmangel hatte, war unstreitig. Dreh- und Angelpunkt des Streits waren vor allem zwei Anschlussfragen: War der Mangel zu beseitigen und, wenn ja, wodurch? Hat er das für einen Rücktritt erforderliche Gewicht oder handelt es sich nur um eine Bagatelle?

Zu beseitigen war der Mangel entweder durch Lieferung von Winterrädern mit zugelassenen Felgen oder durch Beschaffung einer Einzelbetriebserlaubnis für die mitverkauften Felgen. Damit konzentrierte sich alles auf die zweite Frage: Liegt ein erheblicher Mangel oder eine Bagatelle vor? Ein Sachverständiger musste klären, ob durch die Montage von Winterrädern mit Felgen ohne ABE die Betriebserlaubnis erloschen ist. Eine nachträgliche Veränderung eines Fahrzeugs führt nämlich nur zum Erlöschen seiner Betriebserlaubnis, wenn dadurch Verkehrsteilnehmer gefährdet werden.

Eine solche Gefährdung hat der Gutachter verneint. Die Betriebserlaubnis war also nicht erloschen.

Sowohl die Beschaffung einer Einzelerlaubnis als auch die Lieferung mangelfreier Felgen, also ein Felgenaustausch, sind zu vergleichsweise geringen Kosten zu erlangen. Somit kam das OLG zum Schluss, dass die Bagatellgrenze nicht überschritten ist. Der Käufer durfte deshalb nicht vom Kauf zurücktreten.

Quelle | OLG Stuttgart, Urteil vom 9.2.2021, 10 U 46/18, Abruf-Nr. 221039 unter www.iww.de


Vertragsrecht:

Widerruf eines Partnervermittlungsvertrags

| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden: Der Kunde einer Partnervermittlungsagentur verliert sein Widerrufsrecht nicht dadurch, dass diese die geschuldete Anzahl von Partnervorschlägen zusammenstellt, ohne sie dem Kunden bereits überlassen zu haben, auch wenn allein dies in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen als „Hauptleistung“ bestimmt ist. Zudem ist der Wertersatzanspruch der Partnervermittlungsagentur nach dem Widerruf, von Ausnahmen abgesehen, zeitanteilig zu berechnen. |

Was war geschehen?

Die Klägerin schloss in ihrer Wohnung im Verlauf des Besuchs eines Vertreters der beklagten Agentur einen Partnervermittlungsvertrag. In den Vertragsunterlagen war u. a. bestimmt, dass die Beklagte als „Hauptleistung“ 21 Partnervorschläge (Partnerdepot) zusammenstelle. Hierauf sollten 90 Prozent und auf die „Verwaltung und Aktualisierung des Partnerdepots für die Dauer der Vertragslaufzeit von zwölf Monaten“ 10 Prozent des Honorars entfallen. Außerdem unterzeichnete die über ihr Widerrufsrecht belehrte Klägerin eine Erklärung, sie wünsche ausdrücklich, dass die Beklagte mit ihrer Dienstleistung aus dem Partnervermittlungsvertrag sofort beginne; ihr sei bewusst, dass sie ihr Widerrufsrecht verliere, wenn der Vertrag seitens der Beklagten vollständig erfüllt sei.

Am folgenden Tag zahlte die Klägerin an die Beklagte das vereinbarte Honorar in Höhe von 8.330 Euro. Am selben Tag übermittelte die Beklagte der Klägerin drei Kontakte, die dieser jedoch nicht zusagten. Die Klägerin „kündigte“ daraufhin nach einer Woche den Vertrag. Die Beklagte macht geltend, das Partnerdepot erstellt und damit ihre Leistung vollständig erbracht zu haben.

Landgericht und Oberlandesgericht uneins

Das Landgericht (LG) hat die auf Rückzahlung des o. g. Betrags gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht (OLG) die Beklagte hingegen zur Rückzahlung verurteilt. Von der Klageforderung seien aber 1.191 Euro abzuziehen, da die Klägerin drei der insgesamt 21 geschuldeten Partnervorschläge erhalten habe und der Beklagten daher Wertersatz in dieser Höhe schulde.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Der BGH hat die gegen ihre Verurteilung zur Rückzahlung von 7.139 Euro gerichtete Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Klägerin kann den Großteil des an die Beklagte geleisteten Betrags zurückverlangen.

Im Fall des wirksamen Widerrufs eines Verbrauchervertrags sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Die Parteien hatten einen widerruflichen Verbrauchervertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen. Der von der Klägerin erklärte Widerruf war wirksam.

Das Widerrufsrecht der Klägerin war nicht ausgeschlossen, weil die Beklagte zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung ihre Dienstleistung noch nicht vollständig erbracht hatte. Dies hätte erfordert, dass sie jedenfalls ihre Hauptleistungspflicht vollständig erfüllt hätte. Für die Auslegung, welche Pflichten Hauptleistungspflichten sind, ist entscheidend, worauf es der einen oder der anderen Partei in hohem Grad ankam, also was sie unter allen Umständen erlangen wollte.

Hier hatte die Beklagte ihre Leistung nicht vollständig erbracht. Die Erstellung des Partnerdepots war nicht (ausschließliche) Hauptleistungspflicht der Beklagten. Vielmehr ist für den Kunden der Beklagten allein die Zusendung der ausführlichen Partnervorschläge mit Namen und Kontaktdaten von Bedeutung. Diese Leistung hatte die Beklagte zum Zeitpunkt des Widerrufs nur zu einem geringen Teil erbracht. Darüber hinaus ist der Kunde auch darauf angewiesen, dass die Partnervorschläge zu dem Zeitpunkt, zu dem er sie zu einer Kontaktanbahnung nutzt, noch aktuell und bis dahin gegebenenfalls ergänzt und aktualisiert worden sind.

Für ein anderes Verständnis kann sich die Beklagte nicht auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, nach denen die „Hauptleistung“ (allein) in der Erstellung eines 21 Partnervorschläge umfassenden Partnerdepots liegt. Diese Bestimmung ist unwirksam. Durch Allgemeine Geschäftsbedingungen kann der Vertragsgegenstand nicht verändert werden.

Europäisches Recht

Nach einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 8.10.2020 ist auf den im Vertrag vereinbarten Preis für die Gesamtheit der vertragsgegenständlichen Leistungen abzustellen und der geschuldete Betrag zeitanteilig zu berechnen. Daraus ergibt sich hier kein Anspruch der Beklagten, der 1.191 EUR übersteigt. Eine Ausnahme von einer zeitanteiligen Berechnung gilt nur, wenn der geschlossene Vertrag ausdrücklich vorsieht, dass eine oder mehrere der Leistungen gleich zu Beginn der Vertragsausführung vollständig und gesondert zu einem getrennt zu zahlenden Preis erbracht werden; ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.

Quelle | BGH, Urteil vom 6.5.2021, III ZR 169/20, PM Nr. 92/21

Zum Anfang


Rechtsgeschäfte: Natürliche Personen handeln grundsätzlich als Verbraucher

| Oft haben Privatpersonen auch ein Gewerbe oder sind selbstständig tätig. Schließt eine solche Person ein Rechtsgeschäft objektiv zu einem Zweck ab, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, handelt sie als Verbraucher. Etwas anderes gilt nur, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig darauf hinweisen, dass die Privatperson in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. So sieht es der Bundesgerichtshof (BGH). |

Die Abgrenzung zwischen Verbraucher und Unternehmer kann im Einzelfall schwierig sein. Sie ist aber bedeutend, weil daran sowohl materiell-rechtliche als auch formelle Rechte und Pflichten anknüpfen. Die Entscheidung des BGH lässt am Ende nur die Einschätzung zu, dass der Gläubiger seinen Geschäftspartner eine eindeutige Erklärung zur Handlung als Verbraucher oder Unternehmer abgeben lässt oder die natürliche Person im Zweifel immer als Verbraucher behandelt.

Quelle | BGH, Urteil vom 7.4.2021, VIII ZR 191/19, Abruf-Nr. 222808 unter www.iww.de


Haushaltsführungsschaden:

Wie wirken sich Tiere aus?

| Die Berücksichtigung der Versorgung eines im Haushalt des Geschädigten lebenden Haustiers bei der Bemessung des Haushaltsführungsschadens kommt grundsätzlich in Betracht. Zu diesem Thema gibt es nun zwei aktuelle Entscheidungen von Oberlandesgerichten (OLG). |

Das sagt das Oberlandesgericht Koblenz

Das OLG verlangt vom Geschädigten, dass er hierfür seine konkreten und individuellen Lebens- und Wohnverhältnisse darlegt, wie die Größe des Hauses, die Ausstattung des Hauses, die Zahl der zu versorgenden Personen und eine eventuelle Berufstätigkeit. Weiter muss er den genauen Umfang der Haushaltstätigkeit vor dem Unfall darlegen. Im Klartext: Was wurde täglich erledigt, was nur wöchentlich, was eventuell monatlich. Dem muss er den Umfang der (noch möglichen) Haushaltstätigkeiten nach dem Unfall gegenüberstellen. Er muss also die Frage beantworten: Was ist noch möglich? Im Zweifel muss er diese Tatsachen beweisen.

Bei der Versorgung von Tieren hat das OLG sehr strenge Maßstäbe angelegt. Fische und Hasen seien als Liebhaberei nicht zu berücksichtigen. Bei einem untergebrachten Pferd seien allenfalls die Pensionskosten als selbstständiger materieller Schaden zu berücksichtigen. Das Ausführen eines Hundes sei regelmäßig möglich und zu kompensieren.

Das sagt das Oberlandesgericht Celle

Dass man das anders sehen kann, zeigt eine Entscheidung des OLG Celle zu einem ähnlichen Sachverhalt. Das OLG: Der Zeitaufwand für die Versorgung eines Haustieres ist grundsätzlich erstattungsfähig. Es erscheint aber angebracht, nicht den gesamten hierfür erforderlichen Aufwand zu berücksichtigen, sondern einen Abschlag vorzunehmen für die allgemeine Lebensfreude, die mit der Haltung von Haustieren einhergeht. Das OLG hat daher den Aufwand nach Stunden geschätzt, einen Abschlag vorgenommen und am Ende vier Stunden wöchentlich mit einem Stundensatz von 8 EUR berücksichtigt.

Quelle | OLG Koblenz, Urteil vom 1.3.2021, 12 U 1297/20, Abruf-Nr. 222972 unter www.iww.de; OLG Celle, Urteil vom 16.12.2020, 14 U 108/20, Abruf-Nr. 220996 unter www.iww.de


Irreführende Werbung:

Auch für Kleinbeträge gelten Regeln

| Die Werbeaussage „50 Cent Sofort-Rabatt auf den gesamten Einkauf bei Rückgabe von Leergut“ ist irreführend, wenn der Nachlass nur gewährt wird, falls der Kunde auch neue Getränke im Laden erwirbt. So sieht es das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg. |

Die Beklagte betrieb Discount-Supermärkte. Sie warb u. a. mit der Aussage „50 Cent Sofort-Rabatt auf den gesamten Einkauf bei Rückgabe von Leergut“. Kunden erhielten den Vorteil aber nur, wenn sie bei einem neuen Einkauf auch Mehrweggetränke erwarben.

Das OLG: Dies ist irreführend. Denn auf die tatsächlichen Gegebenheiten weise die Beklagte nicht hin. Sie täusche damit den Kunden unabhängig davon, ob es sich letztlich nur um 50 Cent handele. Im Discounter-Bereich sei der Preiskampf besonders ausgeprägt. Selbst geringe Preisreduzierungen würden eingesetzt, um Kunden zu gewinnen wie hier.

Das OLG hob hervor: Üblicherweise sei die Pfandrückgabe von Rabatten ausgenommen, da die Pfandbeträge durchlaufende Posten des Händlers seien. Eine Gutschrift, die an die Rückgabe von Leergut geknüpft sei, sei daher ungewöhnlich. Sie könne preissensible Kunden besonders ansprechen und für Aufmerksamkeit sorgen.

Quelle | OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.3.2020, 3 U 86/20

Comments are closed.

Previous Next
Close
Test Caption
Test Description goes like this