Verbraucherrecht Info - 11.2019

Tierhalterhaftung:

25.000 EUR Schmerzensgeld und hälftige Haftung nach Hundebiss

| Kommt es zu einem Kampf zwischen zwei Hunden, bei dem ein Hundehalter durch einen Biss schwer verletzt wird, muss er die Hälfte seines Schadens selber tragen. Das gilt zumindest in den Fällen, in denen der konkrete Ablauf der Rangelei nicht mehr nachvollzogen werden kann. |

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall einer Frau, die ihren Retriever unangeleint ausgeführt hatte. Unterwegs begegnete sie einem Mann, der seinen – ebenfalls nicht angeleinten – Schäferhund ausführte. Obwohl beide Parteien versuchten, ihre Hunde festzuhalten, kam es zum Kampf zwischen den Hunden. Die Frau wurde in die Hand gebissen und zog sich eine offene Mittelhandfraktur zu. Nach der Operation dieser Verletzung erlitt sie am selben Tage eine Lungenembolie und einen Schlaganfall mit schweren Folgen.

Die Frau behauptet, sie habe ihren Hund am Halsband festgehalten. Der Hund des Mannes sei auf sie zugelaufen und habe sie in die Hand gebissen. Der Mann wiederum behauptet, die Frau habe versucht, die raufenden Hunde mit bloßen Händen zu trennen. Dadurch sei es zu der Verletzung gekommen.

Das Landgericht hatte den Mann verurteilt, ein Schmerzensgeld von 50.000 EUR zu zahlen. Er hafte voll, da er seinen Hund nicht unter Kontrolle gehabt habe. Ihm sei die Aggressivität des Hundes bekannt gewesen sei. Eine Lungenembolie und ein Schlaganfall seien zwar keine typischen Folgen eines Hundebisses. Sie waren aber hier nach den Feststellungen eines Sachverständigen durch den Biss verursacht.

Auf die Berufung des Mannes hat das OLG Karlsruhe entschieden, dass der beklagte Hundehalter nur zur Hälfte für die Folgen des Hundebisses haftet. Er muss daher nur ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 EUR zahlen. Zwar hat sein Hund die Verletzung der Frau (mit-) verursacht. Dies hat zur Folge, dass der Mann als Tierhalter für den Schaden der Frau haftet. Dabei kommt es nicht darauf an, welcher der beiden Hunde die Frau gebissen hat.

Die Frau muss sich jedoch die Tiergefahr ihres eigenen Hundes anrechnen lassen. Beide Hunde haben die Rauferei verursacht, die letztlich zur Verletzung der Frau führte. Daher war sowohl die Tiergefahr des Hundes des Mannes als auch die Tiergefahr des Hundes der Frau zu berücksichtigen. Der konkrete Ablauf, wie es zu der Verletzung kam, war nicht mehr aufzuklären. Das OLG konnte weder ein Verschulden des Beklagten feststellen, etwa weil ihm bekannt war, dass der Hund aggressiv ist, noch ein Verschulden der Klägerin, etwa durch Eingreifen in die Hunderauferei.

Quelle | OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.9.2019, 7 U 24/19, Abruf-Nr. 211557 unter www.iww.de.


Autokauf:

Ein Mietwagen ist kein „Werkswagen“

| Ein als Mietwagen genutzter Pkw darf beim Verkauf nicht als „Werkswagen“ deklariert werden. |

Das musste sich ein Autohändler vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz sagen lassen. Er hatte mehrere Gebrauchtwagen angekauft, die zuvor von einer internationalen Autovermietung als Mietwagen genutzt worden waren. Einen der Wagen verkaufte er an die Kläger. Dabei wurde das Fahrzeug im Kaufvertrag ausdrücklich als „Werkswagen“ der betreffenden Fahrzeugherstellerin bezeichnet. Nachdem der Kaufvertrag unterzeichnet war, erhielten die Kläger die Fahrzeugpapiere. Darin war das Mietwagenunternehmen als vorherige Halterin ausgewiesen. Hierauf ließen die Kläger den Wagen vor Ort stehen. Sie verlangten, dass der Kaufvertrag rückabgewickelt werde. Nach ihrer Auffassung sei das Fahrzeug mangelhaft, weil es sich nicht um einen „Werkswagen“ handele. Hierunter falle nach ihrem Verständnis das von einem Werksmitarbeiter genutzte Fahrzeug. So hätten sie den Begriff „Werkswagen“ auch bei Abschluss des Kaufvertrags verstanden. Dass das Fahrzeug tatsächlich zuvor als Mietwagen eingesetzt worden sei, hätten sie erst aus den Fahrzeugpapieren erfahren.

Der Verkäufer verteidigte sich im Prozess unter anderem mit der Argumentation, dass der betreffende Automobilhersteller verschiedene Kategorien von Werkswagen anbiete, unter anderem die zuvor als Mietwagen genutzten Fahrzeuge. Hierüber und über die konkrete Nutzung als Mietwagen seien die Kläger vor Abschluss des Kaufvertrags aufgeklärt worden. Die verschiedenen Arten von Werkswagen würden sich auch nicht unterscheiden, da alle Fahrzeuge vor ihrer Weiterveräußerung von der Herstellerin vollumfänglich überprüft würden.

Das OLG verurteilte den Verkäufer dazu, den Kaufvertrag rückabzuwickeln. Die Richter sahen es als maßgeblich an, dass beim Autokauf der Begriff „Werkswagen“ allgemein so verstanden werde, dass das Fahrzeug entweder im Werk zu betrieblichen Zwecken genutzt wurde oder von einem Mitarbeiter vergünstigt gekauft, eine gewisse Zeit genutzt und dann auf dem freien Markt wiederverkauft wird. Eine Nutzung als Mietwagen werde hingegen üblicherweise mit dem Begriff „Werkswagen“ nicht verbunden. Dass die betreffende Fahrzeugherstellerin und der Beklagte den Begriff „Werkswagen“ intern möglicherweise weiter fassen, sei unerheblich. Für die Auslegung des Vertragsinhalts komme es grundsätzlich darauf an, wie der Vertragspartner diesen nach dem üblichen Sprachgebrauch im Automobilhandel verstehen durfte. Den Beweis dafür, dass die Kläger über die vorherige Nutzung als Mietwagen aufgeklärt wurden und sie daher ausnahmsweise den Begriff „Werkswagen“ ebenso weit gefasst verstanden hätten wie der Beklagte, habe dieser nicht geführt. Das veräußerte Fahrzeug weise also, weil es sich wegen der Nutzung als Mietwagen nicht um einen „Werkswagen“ handelt, nicht die vereinbarte Beschaffenheit auf und sei mangelhaft. Die Kläger seien daher berechtigt, den Kaufvertrag rückabzuwickeln. Eine Nutzungsentschädigung müssten sie sich hierbei nicht anrechnen lassen, da sie das Fahrzeug unstreitig nicht bewegt und beim Beklagten belassen hatten.

Quelle | OLG Koblenz, Urteil vom 25.7.2019, 6 U 80/19, Abruf-Nr. 211045 unter www.iww.de.


Finanzen:

KfW: Förderprogramme mit verbesserten Konditionen

| Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat die Konditionen bei Krediten für altersgerechte Umbauten oder die energieeffiziente Sanierung verbessert. Seit Oktober 2019 werden Bereitstellungszinsen für nicht abgerufene Kreditbeträge erst ab dem 13. Monat berechnet. |

Das Programm „Altersgerecht Umbauen“ (www.iww.de/s3005) richtet sich an Personen, die barrierereduzierend und einbruchsichernd umbauen oder umgebauten Wohnraum kaufen wollen (bis 50.000 EUR pro Wohnung). Mit dem „Ergänzungskredit Energieeffizient sanieren“ kann die Umstellung von Heizungsanlagen auf erneuerbare Energien finanziert werden (bis 50.000 EUR pro Wohnung, www.iww.de/s3006). Seit dem 1.10.19 gilt für beide Programme: Die bereitstellungsprovisionsfreie Zeit verlängert sich von vier auf zwölf Monate. Die Bereitstellungsprovision wird ab dem 13. Monat nachdem die KfW den Kredit zugesagt hat fällig, falls der Kreditbetrag bis dahin noch nicht abgerufen wurde.

Smarthome-Systeme sind u. a. für Senioren eine große Unterstützung, um beispielsweise Tore und Jalousien zu bewegen oder die Gegensprechanlage zu bedienen. Auch solche Technologien werden im Rahmen eines altersgerechten Umbaus gefördert. Kredite werden nicht direkt bei der KfW, sondern bei einem frei wählbaren Kreditinstitut beantragt.


Gesetzliche Krankenversicherung:

Auch Praxen im EU-Ausland müssen einen Heil- und Kostenplan erstellen

| Auch Zahnarztpraxen im EU-Ausland, die in Deutschland krankenversicherte Patienten behandeln, müssen vor Behandlungsbeginn einen Heil- und Kostenplan (HKP) erstellen. Andernfalls hat der Patient keinen Rechtsanspruch darauf, dass ihm die Behandlungskosten erstattet werden. |

Das musste sich eine in Deutschland versicherte Patientin vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen sagen lassen. Die Frau hatte sich in Polen zahnärztlich behandeln lassen, um keinen Eigenanteil zahlen zu müssen. Es sollte je eine Brückenversorgung im Ober- und im Unterkiefer erfolgen. Die Krankenkasse hatte einen Festzuschuss von 3.600 EUR bewilligt. Der Hauszahnarzt der Patientin in Deutschland hatte in seinem HKP Behandlungskosten i. H. v. 5.000 EUR veranschlagt. Sein polnischer Kollege berechnete der Patientin 3.300 EUR. Die Patientin reichte die Rechnung bei ihrer Krankenkasse ein. Diese bezahlte aber nur die Brückenversorgung im Oberkiefer. Die Unterkieferversorgung entspreche nicht ihren Qualitätsanforderungen.

Das LSG wies die Klage der Patientin ab. Ausschlaggebend dafür seien nicht die Qualitätsmängel der Unterkieferversorgung. Entscheidend sei vielmehr die Tatsache, dass der polnische Zahnarzt keinen HKP vorgelegt habe. Dieser sei aber gerade die Voraussetzung, um eine prothetische Versorgung auf Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Da ein HKP des polnischen Zahnarztes fehle, habe die Patientin keinen Erstattungsanspruch.

Quelle | LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 14.5.19, L 4 KR 169/17, Abruf-Nr. 209638 unter www.iww.de.

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