Verkehrsrecht Info - 06.2015

Unfallschadensregulierung:

Kein Anspruch bei einem So-Nicht-Unfall in Bezug auf die Schadenshöhe

| Ein Geschädigter bekommt trotz nachgewiesenem Unfallgeschehen keinen Schadenersatz, wenn er nicht auch beweisen kann, dass der von ihm konkret ersetzt verlangte Schaden insgesamt oder zumindest als abgrenzbarer Teil bei dem Unfall entstanden ist (sog. „So-Nicht-Unfall“ in Bezug auf die Schadenshöhe). |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines 26-jährigen Autofahrers entschieden. Dieser verlangt von der beklagten Versicherung Schadenersatz aufgrund eines Unfallgeschehens, das sich auf schneeglatter Fahrbahn ereignet hatte. Der Mann hatte seinen Pkw Passat im Bereich einer Laterne geparkt. Der von dem weiteren Unfallbeteiligten gesteuerte und bei der Beklagten versicherte Mietwagen, ein Touran, geriet auf der glatten Fahrbahn ins Rutschen. Dabei stieß er mit dem Passat zusammen. Die Laterne blieb, wie bei der polizeilichen Unfallaufnahme festgestellt, unbeschädigt. Das Gericht hat den Autofahrer, den Fahrer des Mietfahrzeugs sowie seinen Begleiter und auch die den Unfall aufnehmende Polizeibeamtin vernommen. Danach stand fest, dass sich tatsächlich ein Unfall ereignet hatte.

Dennoch blieb die auf dieses Unfallgeschehen gestützte Schadenersatzklage des Autofahrers erfolglos. Das Gericht hatte ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten eingeholt. Danach ließen sich die behaupteten Unfallschäden der feststellbaren Kollision mit dem Touran nicht zuordnen. Die technische Unfallanalyse komme zwar zu dem Ergebnis, dass der Passat – vom Touran angestoßen – verunfallt wäre, indem er über den Bordstein gerutscht und gegen die Laterne geprallt wäre. Demgegenüber habe die technische Analyse aber nicht mit der für den Kausalitätsnachweis notwendigen, überwiegenden Wahrscheinlichkeit bestätigt, dass der Passat bei dem nachweisbaren Unfallgeschehen die vom Kläger vorgetragenen Schäden in ihrer Gesamtheit oder – abgrenzbar – zum Teil erlitten hätte.

  • So sei die Laterne unbeschädigt geblieben, obwohl sie nach den am Passat vorhandenen Schäden ebenfalls hätte beschädigt sein müssen.
  • Auch setze das tatsächlich vorhandene Schadensbild einen Höhenversatz bei den am Unfall beteiligten Fahrzeugen voraus, der sich beim feststellbaren Unfallgeschehen nicht habe ergeben können.
  • Nach diesem hätten die Räder des Passat zudem mit der Bordsteinkante kollidieren müssen. Auch das dann zwangsläufig zu erwartende Schadensbild wiesen sie nicht auf.

Dieses Beweisergebnis gehe zulasten des Autofahrers. Er habe nicht nur das Unfallgeschehen, sondern auch die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem Unfallgeschehen und dem erlittenen Schaden zu beweisen. Die Frage einer Unfallmanipulation habe dabei nicht weiter geklärt werden müssen, da dem Autofahrer bereits der Kausalitätsnachweis nicht gelungen sei.

Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 10.3.2015, 9 U 246/13, Abruf-Nr. 144474 unter www.iww.de.


Mietwagen:

Nach Teilerstattung ist kein „Gar Nichts“ mehr möglich

| Wenn der Versicherer vorgerichtlich für die drei in Rechnung gestellten Mietwagentage einen nur der Höhe nach reduzierten Betrag erstattet, kann er im Prozess um die fehlende Differenz weder einwenden, ein Mietwagen sei gar nicht erforderlich gewesen, noch, dass drei Tage zu viel seien. |

So sieht es das Amtsgericht Waiblingen. Es ging um einen Fahrschulmietwagen, der für den unfallbeschädigten Fahrschulwagen genommen wurde. Als der Geschädigte die Differenz einklagte, hat der Versicherer eingewandt, die Fahrschule hätte gar keinen Mietwagen nehmen dürfen. Denn die Reparatur hätte ja auf einen Zeitraum verschoben werden können, in dem ein Fahrlehrer Urlaub hat. Damit hat sich das Gericht gar nicht mehr befasst, weil der Versicherer das – wenn überhaupt – von Anfang an hätte einwenden müssen. Dasselbe gilt für den Einwand, die Reparatur hätte schneller als in drei Tagen erledigt werden können

Quelle | Amtsgericht Waiblingen, Urteil vom 10.4.2015, 9 C 1556/14, Abruf-Nr. 144333  unter www.iww.de.


Geschwindigkeitsüberschreitung:

Geschwindigkeitsüberschreitung kann wegen Rettungswillen gerechtfertigt sein

| Eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kann grundsätzlich gerechtfertigt sein, wenn der Fahrer das Ziel verfolgt, einer fremden Person Erste Hilfe zu leisten. |

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Celle. Die Richter wiesen allerdings auch darauf hin, dass die Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit überhaupt ein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr gewesen sein müsse. So könne sich der Betroffene für die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht auf einen Notstand berufen, wenn er lediglich einen medizinischen Notfall behauptet. Er müsse vielmehr auch vortragen, dass er vergeblich einen anderen Ausweg aus der Notsituation gesucht habe, zum Beispiel die Benachrichtigung eines Arztes oder der Feuerwehr.

Quelle | OLG Celle, Beschluss vom 1.10.2014, 321 SsBs 60/14, Abruf-Nr. 143087 unter www.iww.de.


Abschleppkosten:

Zwei Abschleppvorgänge, weil Kind erst nach Hause muss

| Hat der Geschädigte bei einem Unfall abends ein fünfjähriges Kind im Fahrzeug, darf er den Abschleppunternehmer beauftragen, ihn, das Kind und das Fahrzeug zunächst nach Hause zu transportieren. |

Entsteht am anderen Tag eine weitere Unfallrechnung, weil die Werkstatt das Fahrzeug vom Wohnort zur Reparatur holt, verstößt das nicht gegen die Schadenminderungspflicht. So entschied es das Landgericht (LG) Lüneburg.

Quelle | LG Lüneburg, Urteil vom 7.4.2015, 9 S 104/14, Abruf-Nr. 144311 unter  www.iww.de.

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