Verkehrsrecht Info - 09.2022

3.09.2022
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Preisminderung:

Bezeichnung eines Ausstellungsfahrzeugs als Neuwagen

| Das Amtsgericht (AG) München verurteilte einen Automobilhersteller, im Wege der Minderung 1.000 Euro des bereits gezahlten Kaufpreises eines Sportwagens an die Klägerin wieder zurückzuzahlen. |

Das war geschehen

Die Klägerin erwarb Ende des Jahres 2019 in einer Münchner Niederlassung des Automobilherstellers einen Sportwagen mit einem Listenpreis von 61.788,90 Euro für 54.604,10 Euro. Der Pkw, der bereits 2018 produziert worden war, befand sich zurzeit des Kaufs in einer anderen Niederlassung des Automobilherstellers. Dort war der Sportwagen ausgestellt und konnte von Besuchern besichtigt werden. Zugelassen oder gefahren worden war das Fahrzeug nicht. Nur etwa einen Monat, nachdem die Klägerin ihren Wagen erhalten hatte, musste sie die Pannenhilfe in Anspruch nehmen, weil die Batterie defekt war. Zudem stellte sie Kratzer, kleinere Dellen und Abschürfungen, etwa an den Einstiegsleisten, fest.

Fahrzeug fabrikneu oder gebraucht?

Die Klägerin meint, sie habe anstatt eines fabrikneuen ein gebrauchtes Fahrzeug erhalten. Der ihr übergebene Wagen sei bereits benutzt und darüber hinaus auch beschädigt gewesen. Man habe ihr beim Kauf gesagt, dass sie ein Lagerfahrzeug kaufe, das aus einer anderen Niederlassung überführt werden müsse. Davon, dass dieses dort auch ausgestellt worden sei, habe sie jedoch nichts gewusst. Sie forderte daher eine Minderung des Kaufpreises in Höhe von 5.000 Euro.

Die Beklagte war der Ansicht, es handle sich trotz der vorherigen Ausstellung des Pkw noch um ein Neufahrzeug, denn schließlich sei dieses erstmals auf die Klägerin zugelassen worden. Es seien auch keine Probefahrten damit durchgeführt worden. Daher sei das Auto neu und kein Vorführwagen. Die beschädigte Batterie ersetzte die Beklagte bereits vor Prozessbeginn.

So sah es das Amtsgericht

Das AG gab der Klägerin grundsätzlich Recht: „Der gegenständliche Pkw war nach Wertung der hier konkret vorliegenden Umstände kein Neuwagen. Ein Fahrzeug ist dann ein Neuwagen, wenn es unbenutzt ist, das Modell des Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, es keine durch längere Standzeit bedingten Mängel aufweist und wenn zwischen Herstellung des Fahrzeugs und Abschluss des Kaufvertrags nicht mehr als 12 Monate liegen.“ Das Gericht ging davon aus, dass ein „unbenutztes“ Kraftfahrzeug nicht nur bedeutet, dass es wie hier noch nicht zugelassen bzw. noch nicht gefahren wurde, sondern dass auch eine anderweitige Benutzung des Fahrzeugs dazu führen kann, dass es nicht mehr als „unbenutzt“ im Sinne der Neuwagendefinition des Bundesgerichtshofs (BGH) gilt.

Ausstellungsfahrzeug: nicht unbenutzt im Sinne von Neuwagendefinition

Bei Ausstellung eines Fahrzeugs in einer Niederlassung wird es jedenfalls von einer unbestimmten Anzahl von Personen innen und außen angefasst, Türen und Kofferraum werden vielfach geöffnet, es wird probegesessen, Sitze werden verstellt etc. Ein Ausstellungsfahrzeug in einer Niederlassung eines Automobilherstellers unterliegt somit einer wiederholten körperlichen Nutzung und ist daher nach Überzeugung des Gerichts nicht mehr unbenutzt.

5.000 Euro Minderung waren zu hoch angesetzt

Lediglich in der Höhe ihrer Forderung musste die Klägerin Abstriche machen. Eine Minderung um 5.000 Euro erschien dem Gericht überhöht. Bei Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem zurzeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde; die Minderung ist, soweit erforderlich, nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 441 Abs. 3 BGB) durch Schätzung zu ermitteln. Das AG schätzte hier den Minderungsbetrag auf 1.000 Euro. Dabei ließ es u. a. einfließen, dass einerseits die Vereinbarung „Neuwagen“ ein feststehender Begriff mit besonderer Relevanz beim Autokauf sei, andererseits jedoch bei Vertragsschluss bereits ein erheblicher Abschlag vom Listenpreis gewährt worden sei.

Quelle | AG München, Urteil vom 17.12.2021, 271 C 8389/21, PM 8/22 vom 25.2.2022


Wiederholte Verkehrsdelikte:

So wird man seinen Ferrari los

| Ende 2021 hatte das Landgericht (LG) Hannover einen Mann wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Darüber hinaus hatte es insbesondere die Einziehung des Kraftfahrzeugs des Angeklagten angeordnet eines Ferraris mit einem geschätzten Wert von 70.000 bis 100.000 Euro. Die hiergegen von dem Angeklagten eingelegte Revision hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle nun verworfen. |

Das OLG folgte dabei in vollem Umfang der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft. Insbesondere hielt es die Einziehung für verhältnismäßig.

Der Angeklagte war bereits wiederholt wegen Verkehrsdelikten in Erscheinung getreten. Die in Frage stehende Tat hatte er nur kurze Zeit nach dem Erlass eines Strafbefehls wegen einer Trunkenheitsfahrt begangen. Neben dem Straftatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis hatte er Verkehrsordnungswidrigkeiten in Form eines Rotlichtverstoßes und einer Geschwindigkeitsüberschreitung verwirklicht. Zudem war er noch kurz vor der erstinstanzlichen amtsgerichtlichen Verurteilung wiederum ohne Fahrerlaubnis mit einem anderen Pkw gefahren. Die Einziehung des Ferraris vernichte entgegen der Darstellung des Angeklagten auch nicht dessen wirtschaftliche Existenz. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Quelle | OLG Celle, Beschluss vom 27.4.2022, 2 Ss 46/22, PM vom 2.5.2022


Verkehrsvergehen:

Rotlichtverstoß mit einem SUV rechtfertigt höheres Bußgeld

| Das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main hat entschieden: Bei Rotlichtverstößen mit einem sog. Sport Utility Vehicle (SUV) kann eine Erhöhung der Regelgeldbuße angemessen sein. |

Der Betroffene fuhr in Frankfurt mit seinem Fahrzeug, einem SUV, das von seiner Bauart dadurch von normalen Kraftfahrzeugen in der Art abweicht, dass es über eine erhöhte Bodenfreiheit verfügt, in den durch die Lichtzeichenanlage geregelten Kreuzungsbereich ein. Die Rotphase dauerte zu diesem Zeitpunkt bereits länger als 1,1 Sekunden. Das AG sah aufgrund der besonderen Fahrzeugbeschaffung im konkreten Fall eine Erhöhung der hierfür durch den geltenden Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelgeldbuße. Diese sei durch die erhöhte Betriebsgefahr des verwendeten Kraftfahrzeugs gerechtfertigt, dessen kastenförmige Bauweise und erhöhte Frontpartie das Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer erhöhe. Aufgrund der größeren abstrakten Gefährdung durch das Tatfahrzeug stelle sich nach Auffassung des AG der begangene Rotlichtverstoß gravierender als der Normalfall dar.

Quelle | AG Frankfurt a. M., Urteil vom 3.6.2022, 974 OWi 533 Js-OWi 18474/22, PM 6/22


Geschwindigkeitsüberschreitung:

41 km/h zu schnell: Absehen vom Fahrverbot nur bei besonderer Härte

| Das Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mindestens 41 km/h indiziert grundsätzlich das Verhängen eines Fahrverbots von einem Monat. Davon kann nur abgesehen werden, wenn Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche Härte vorliegen. Der Verlust des Arbeitsplatzes kann eine solche Härte darstellen. Dies bedarf jedoch der ausführlichen Begründung und Darlegung der zugrundliegenden Tatsachen. Die kritiklose Übernahme der Einlassung des Betroffenen durch den Tatrichter oder bloße Vermutungen genügen nicht. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat deshalb ein amtsgerichtliches Urteil aufgehoben, mit dem das im Bußgeldbescheid verhängte Fahrverbot aufgehoben worden war. |

Das Amtsgericht war milde

Der Betroffene überschritt die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn A 3 um mindestens 43 km/h. Gegen ihn wurde daher nach der damals gültigen Bußgeldkatalogverordnung eine Geldbuße in Höhe von 160 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Auf seinen Einspruch hin setzte das Amtsgericht (AG) die Geldbuße auf 320 Euro fest und hob das Fahrverbot auf. Der Betroffene hatte u.a. darauf hingewiesen, seit dem 1.10.2021 als Berufskraftfahrer zu arbeiten und sich noch in der Probezeit zu befinden. Ihm könne deshalb ohne Begründung gekündigt werden. Dies sei zu befürchten, wenn ein Fahrverbot festgesetzt werde. Das AG sah deshalb das Fahrverbot als besondere Härte an.

Fahrverbot: Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme

Wegen der dagegen eingelegten Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hob das OLG den sog. Rechtsfolgenausspruch auf. Die Feststellungen des AG deckten nicht die Voraussetzungen dafür, vom Fahrverbot abzusehen. Die Ordnungswidrigkeit werde mit einer Regelgeldbuße von 160 Euro und einem Regelfahrverbot von einem Monat belegt. Das OLG: Bei dieser Zuwiderhandlung ist ein grober bzw. beharrlicher Pflichtverstoß indiziert, dessen Ahndung, abgesehen von besonderen Ausnahmen, eines Fahrverbots als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme bedarf.

Sei trotz eines Regelfalls ein Fahrverbot unangemessen, könne zwar hiervon abgesehen werden, z. B. wenn dem Betroffenen infolge des Fahrverbots der Verlust seines Arbeitsplatzes drohe. Insoweit fehlten jedoch tragfähige Urteilsfeststellungen. Die Feststellungen des AG beruhten allein auf den Angaben des Betroffenen. Aus welchen Gründen diese glaubhaft sind, sei nicht dargelegt. Es sei auch nicht erkennbar, ob Zweifel am Zutreffen dieser Angaben des Betroffenen aufgekommen seien.

So geht es weiter

Das OLG hat die Sache an das AG zurückverwiesen. Dieses muss nun weitere Feststellungen zur Frage treffen, ob das Fahrverbot im konkreten Fall eine besondere Härte darstellen würde.

Quelle | OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26.4.2022, 3 Ss-OWi 415/22, PM 39/22 vom 5.5.2022

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