Verkehrsrecht Info - 12.2016

28.11.2016
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Zulassungskosten:

Kosten für Zulassungsdienst sind erstattungsfähig

| Der Geschädigte darf sich nach einem Totalschaden für die Zulassung des Ersatzfahrzeugs der Hilfe Dritter bedienen. Er muss nicht selbst zur Zulassungsstelle gehen. Angemessene Kosten dafür sind erstattungsfähig. |

So sahen es sowohl das Amtsgericht Erfurt als auch das Amtsgericht Berlin-Mitte. Das AG Berlin-Mitte betont, dass der Geschädigte dafür nicht nachweisen müsse, dass das beschädigte Fahrzeug auch schon mit Hilfe eines Zulassungsdienstes zugelassen wurde.

Quelle | Amtsgericht Berlin-Mitte, Urteil vom 22.9.2016, 102 C 3073/16, Abruf-Nr. 189095 unter www.iww.de; Amtsgericht Erfurt, Urteil vom 24.8.2016, 5 C 870/15, Abruf-Nr. 189092 unter www.iww.de.

 


Sachverständigenhonorar:

Stellungnahme des Sachverständigen nach Einwendungen ist erstattungsfähig

| Erhebt der gegnerische Haftpflichtversicherer gegen einzelne Schadenpositionen im Schadengutachten, das ihm für die Regulierung des Fahrzeugschadens vorgelegt wurde, Einwendungen, darf der Geschädigte den Schadengutachter um eine nochmalige Stellungnahme bitten. Die Kosten dafür, im Urteilsfall 145,78 EUR, muss der Versicherer erstatten. |

So entschied es das Amtsgericht Salzgitter. Selbstredend wurde der Versicherer auch verurteilt, die Beilackierungskosten zu erstatten. Denn die Beilackierung war im Schadengutachten vorgesehen und der Geschädigte hatte die Reparatur gemäß Gutachten in Auftrag gegeben.

Quelle | Amtsgericht Salzgitter, Urteil vom 30.9.2016, 22 C 57/15, Abruf-Nr. 189244 unter www.iww.de.

 


Haftungsrecht:

Nachzügler muss warten, wenn der Querverkehr schon länger Grün hat

| Wer bei Grünlicht in eine Kreuzung einfährt und dann aufgrund eines Rückstaus den Kreuzungsbereich für längere Zeit nicht räumen kann, darf nicht blindlings auf seinen Status als bevorrechtigter „echter Nachzügler“ vertrauen. Er muss sich vielmehr vergewissern, dass eine Kollision mit dem Querverkehr, der (erst) nach mehreren Sekunden Grünlicht für seine Fahrtrichtung in die Kreuzung einfährt, ausgeschlossen ist. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Autofahrerin entschieden, die bei Grünlicht in einen Kreuzungsbereich eingefahren war. Weil sich der Linksabbiegerverkehr staute, kam sie hinter der Fluchtlinie zum Stehen. Nachdem sie mindestens 40 Sekunden gestanden hatte – die von ihr zuvor passierte Ampel zeigte bereits mehr als 20 Sekunden Rotlicht –, entschloss sie sich dazu, die Kreuzung zu räumen. Im Kreuzungsbereich stieß sie mit einem Fahrzeug aus dem Querverkehr zusammen. Dieses hatte bei seiner Einfahrt in den Kreuzungsbereich mindestens 19 Sekunden Grünlicht.

Dem Unfallgegner entstand ein Sachschaden in Höhe von ca. 13.900 EUR. Den wollte er von der Autofahrerin ersetzt haben. Deren Haftpflichtversicherung glich vorprozessual zwei Drittel des Schadens aus. Um das restliche Drittel wurde vor Gericht gestritten.

Die Klage war erfolgreich. Die Richter am OLG sprachen dem Unfallgegner auch Ersatz für den restlichen noch ausstehenden Schaden zu. Die Autofahrerin habe in erheblicher Weise gegen das im Straßenverkehr geltende Rücksichtnahmegebot verstoßen. Sie sei zwar bei Grünlicht in den Kreuzungsbereich eingefahren. Dort sei sie zunächst aufgehalten worden. Darum habe sie die Kreuzung grundsätzlich als gegenüber dem Querverkehr bevorrechtigte „Nachzüglerin“ räumen dürfen. Allerdings habe sie nicht blindlings darauf vertrauen dürfen, vom Querverkehr vorgelassen zu werden. Ein „Nachzügler“ müsse den Kreuzungsbereich vielmehr vorsichtig verlassen und den einsetzenden Gegen- oder Querverkehr mit Vorrang vorsichtig beobachten. Die Anforderungen an die Aufmerksamkeit erhöhten sich mit der Verweildauer im Kreuzungsbereich. Je länger sich ein „Nachzügler“ im Kreuzungsbereich aufhalte, desto eher habe er mit einem Phasenwechsel und anfahrendem Querverkehr zu rechnen. Er müsse dann davon ausgehen, dass der übrige Verkehr aus seinem Verhalten schließen könnte, dass er nicht weiterfahren werde. Deswegen dürfe er nach einer längeren Verweildauer nur dann weiterfahren, wenn er sich vergewissert habe, dass eine Kollision mit dem Gegen- oder Querverkehr ausgeschlossen sei. Diesen Sorgfaltsanforderungen habe die Autofahrerin nicht genügt. Sie sei vielmehr unerwartet und zügig losgefahren, ohne auf das herannahende Fahrzeug zu achten. Mit dieser Fahrweise haben sie den Unfall in erheblichem Umfang verschuldet.

Den Unfallgegner treffe demgegenüber kein Verschulden. Er habe der Autofahrerin nicht mehr die Möglichkeit geben müssen, die Kreuzung zu räumen. Nachdem die für ihn geltende Ampel bereits über 19 Sekunden Grünlicht gezeigt habe, als er in die Kreuzung einfuhr, und vor ihm bereits weitere Fahrzeuge in seiner Richtung sowie aus seiner Gegenrichtung kommend den Kreuzungsbereich passiert hatten, habe er auf seine freie Durchfahrt vertrauen und nicht mehr mit Nachzüglern aus dem Querverkehr rechnen müssen.

Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 26.8.2016, 7 U 22/16, Abruf-Nr. 189258 unter www.iww.de.

 


Aktuelle Gesetzgebung:

Schärfere Strafen für Autorennen geplant

| Bisher werden illegale Autorennen im öffentlichen Straßenverkehr nur als eine Ordnungswidrigkeit erfasst. Es droht eine Geldbuße und ein Fahrverbot. Das wird angesichts einiger spektakulärer, illegaler Rennen, die in der letzten Zeit zu schweren Folgen geführt haben, als nicht (mehr) ausreichend angesehen. NRW hatte daher einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht. Der will mit einem neuen Straftatbestand in § 315d StGB-E illegale Kraftfahrzeugrennen nicht mehr nur als Ordnungswidrigkeiten verfolgen, sondern unter Strafe stellen. Der Bundesrat hat diesen Entwurf nun auf den Weg gebracht. Danach gilt:

  • Wer ein Rennen veranstaltet oder daran teilnimmt, soll mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft werden.
  • Außerdem soll i. d. R. die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist verhängt werden. Dazu wird das illegale Rennen zum Katalog der Regelbeispiele in § 69 Abs. 2 StGB hinzugefügt werden.
  • Werden bei einem Rennen Leib und Leben eines Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, soll durch die Einführung eines konkreten Gefährdungsdelikts eine erhöhte Strafandrohung (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren) gelten.
  • Für schwerste Fälle, in denen die Tat zum Tode oder zu erheblichen Schäden an der Gesundheit anderer Menschen führt, ist in § 315d Abs. 4 StGB-E ein Verbrechenstatbestand vorgesehen, d. h., dass eine Mindeststrafe von einem Jahr droht. Die Höchststrafe soll dann zehn Jahre betragen. In minder schweren Fällen kann ausnahmsweise eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren verhängt werden.

Quelle | Bundesrat, BR-Drucksache 362/16

 


Unfallschadenregulierung:

Treibstoff im Tank muss beim Totalschaden ersetzt werden

| Der Treibstoffinhalt ist beim Totalschaden zu ersetzen. Dem Geschädigten ist nicht zuzumuten, den Treibstoff abzuzapfen und zu verkaufen. |

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Minden. Der Richter gab dabei den Tipp, dass ein Foto von der Tankuhranzeige im Schadengutachten als Nachweis für die Menge genügt.

Quelle | Amtsgericht Minden, Urteil vom 23.9.2016, 19 C 30/16, Abruf-Nr. 189093 unter www.iww.de.

 


Unfallschadenregulierung:

Dem Versicherer müssen vier Wochen zum Regulieren reichen

| Nimmt der Haftpflichtversicherer innerhalb von vier Wochen nicht zum geltend gemachten Schadenersatzanspruch Stellung, sondern beauftragt drei Wochen nach der Schadenanmeldung lediglich einen (Gegen-)Schadengutachter, hat er Anlass zur Klage gegeben. Erkennt der Versicherer auf Klagezustellung hin den Anspruch an, kann er sich nicht darauf berufen, mit der Klage überfallen worden zu sein. |

So entschied es das Landgericht (LG) Potsdam. Der Beschluss befasst sich mit der dem Haftpflichtversicherer im Normalfall zustehenden Prüfungsfrist. Er liegt im Mittelfeld aller Entscheidungen, die überwiegend bis zu sechs Wochen zugestehen.

Bei Unfällen mit Auslandsbeteiligung auf deutschem Boden dürfen es auch zwei Wochen mehr sein, weil der deutsche Korrespondenzversicherer neben der normalen Bearbeitungszeit noch Zeit für die Kontaktaufnahme mit dem ausländischen Versicherer braucht. So hat es jüngst das LG Saarbrücken entschieden.

Quellen | LG Potsdam, Beschluss vom 26.4.2015, 6 O 253/14, Abruf-Nr. 187586 unter www.iww.de; LG Saarbrücken, Beschluss vom 20.6.2016, 13 T 3/16, Abruf-Nr. 187788 unter www.iww.de.

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