Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht Info - 02.2023

1.02.2023
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Bausparverträge:

Kein Jahresentgelt in der Ansparphase

| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bausparkasse enthaltene Klausel unwirksam ist, mit der die Bausparkasse von den Bausparern in der Ansparphase der Bausparverträge ein sogenanntes Jahresentgelt erhebt. |

Das war geschehen

Der Kläger, ein eingetragener Verein, nimmt satzungsmäßig Verbraucherinteressen wahr. Die beklagte Bausparkasse verwendet in ihren AGB für Bausparverträge u.a. die folgende Bestimmung: „Die Bausparkasse berechnet während der Sparphase jeweils bei Jahresbeginn bei nicht vollständigen Kalenderjahren anteilig für jedes Konto des Bausparers ein Jahresentgelt von 12 Euro p.a.“ Der Kläger hält diese Klausel für unwirksam, da sie die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Er nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, es zu unterlassen, diese oder eine inhaltsgleiche Klausel gegenüber Verbrauchern in Bausparverträgen zu verwenden und sich bei der Abwicklung von Bausparverträgen auf die Klausel zu berufen. Die Vorinstanzen haben der Unterlassungsklage stattgegeben. Doch die Beklagte verfolgte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Der BGH hat entschieden, dass die angefochtene Klausel der sogenannten Inhaltskontrolle nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (hier § 307 BGB) unterliegt und dieser nicht standhält. Er hat deshalb die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Der BGH: Die Entgeltklausel ist Gegenstand der Inhaltskontrolle (nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB), weil sie eine Preisnebenabrede darstellt. Das in der Ansparphase eines Bausparvertrags erhobene Jahresentgelt ist weder Gegenleistung für eine vertragliche Hauptleistung noch Entgelt für eine Sonderleistung der Beklagten und damit keine kontrollfreie Preishauptabrede. Die von der Bausparkasse in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung besteht einerseits in der Zahlung der Zinsen auf das Bausparguthaben sowie andererseits darin, dem Bausparer nach der Leistung der Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens aus der Zuteilungsmasse zu verschaffen. Mit dem Jahresentgelt werden demgegenüber Verwaltungstätigkeiten der Beklagten in der Ansparphase bepreist, die sich mit der bauspartechnischen Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse umschreiben lassen. Hierbei handelt es sich lediglich um notwendige Vorleistungen, nicht aber um eine von der Beklagten in der Ansparphase geschuldete Hauptleistung. Der danach eröffneten Inhaltskontrolle hält die streitige Klausel nicht stand. Sie ist vielmehr unwirksam, weil die Erhebung des Jahresentgelts in der Ansparphase eines Bausparvertrags mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Denn mit dem Jahresentgelt werden Kosten für Verwaltungstätigkeiten auf die Bausparer abgewälzt, die die Bausparkasse aufgrund einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung erbringen muss.

Die Abweichung der Entgeltklausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ist auch bei der gebotenen pauschalisierenden Gesamtbetrachtung nicht durch bausparspezifische Individualvorteile der einzelnen Bausparer sachlich gerechtfertigt. Bausparer müssen in der Ansparphase bereits hinnehmen, dass ihre Spareinlagen bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Bausparvertrags nur vergleichsweise niedrig verzinst werden. Außerdem können Bausparkassen bei Abschluss des Bausparvertrags von den Bausparern eine Abschlussgebühr verlangen. Mit dem Jahresentgelt wird auch kein Beitrag zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Bausparwesens geleistet, der geeignet wäre, die mit seiner Erhebung für den einzelnen Bausparer verbundenen Nachteile aufzuwiegen.

Quelle | BGH, Urteil vom 15.11.2022, XI ZR 551/21, PM 165/2022 vom 15.11.2022


Sonderregelung:

Erleichterter Zugang zum Kurzarbeitergeld bis zum 30.6.2023 verlängert

| Der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld geht in die nächste Runde. Das Bundeskabinett hat die Sonderregelung nun per Verordnung um weitere sechs Monate bis Ende Juni 2023 verlängert. |

Die Verordnung über den erweiterten Zugang zum Kurzarbeitergeld regelt Folgendes: Kurzarbeitergeld kann gezahlt werden, wenn mindestens 10 % (regulär ein Drittel) der Beschäftigten von einem Entgeltausfall betroffen sind. Beschäftigte müssen keine Minusstunden vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld aufbauen.

Beachten Sie | Auch Leiharbeitnehmern wird der Bezug von Kurzarbeitergeld weiterhin ermöglicht. Dies gilt ebenfalls befristet bis zum 30.6.2023.

Quelle | Verordnung über den erweiterten Zugang zum Kurzarbeitergeld vom 19.12.2022, BAnz AT 21.12.2022 V3; Die Bundesregierung: „Kurzarbeitergeld: Erleichterter Zugang verlängert“ vom 14.12.2022


Unlauterer Wettbewerb:

„Küchentage“ eines Möbelhauses

| Das Landgericht (LG) München I hat der Klage eines Vereins zum Schutz gegen den unlauteren Wettbewerb stattgegeben. Der Verein hatte gegen eine Händlerin für Möbel wegen einer Werbeanzeige in einer Tageszeitung geklagt. |

Das war geschehen

Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit dem Zweck der Durchsetzung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Beklagte ist Händlerin für Möbel und Küchen. Sie betreibt ein Möbelhaus in München.

Das Möbelhaus hatte am 19.8.2021 zu den sog. „KüchenTagen“ des Möbelhauses eine Werbeanzeige in einer Tageszeitung abgedruckt. Der Verein nahm das Möbelhaus im Hinblick auf diese Werbeanzeige auf Unterlassung in Anspruch und verlangte die Erstattung der außergerichtlich angefallenen Rechtsverfolgungskosten.

Landgericht: irreführende Werbeanzeige

Das LG hat die konkrete Gestaltung der Werbeanzeige als irreführend für Verbraucher eingestuft und der Klage daher stattgegeben. Für die Leser der Anzeige sei schon nicht klar ersichtlich, wie lange die beworbene Rabattaktion laufe. Auf der Werbeanzeige finde sich blickfangmäßig herausgestellt das Datum des 21.8., im Kleingedruckten sei jedoch ein Hinweis auf das Datum des 31.8.2021 enthalten. Um den Vorwurf einer Irreführung über die Laufzeit der Rabattaktion auszuschließen, wäre es erforderlich gewesen, die Teilnahmebedingungen unmittelbar den blickfangmäßig herausgestellten Angaben zuzuordnen und so den Verbraucher aufzuklären. Eine solch eindeutige Aufklärung über die Teilnahmebedingungen fehle jedoch in der Werbeanzeige. Selbst, wenn man zugunsten des Möbelhauses unterstelle, dass der Verbraucher den Hinweis auf das Aktionsende zum 31.8.2021 zur Kenntnis nehme, bliebe er im Ungewissen darüber, was die Befristung bedeute. Der Entscheidungsdruck, der durch die Befristung des Angebots im Blickfang auf den 21.8. aufgebaut werde, könne durch eine solch uneindeutige weitere Datumsangabe im Kleingedruckten jedenfalls nicht beseitigt werden. Es sei insofern auch zu berücksichtigen, dass die Ankündigung von Preissenkungen wegen der Behauptung einer nur aktuell bestehenden Preisgünstigkeit eine stark anlockende Wirkung auf den Leser ausübe.

Weiter sei aus der beanstandeten Werbeanzeige auch nicht eindeutig erkennbar, unter welchen Voraussetzungen und bezüglich welcher Produkte des Möbelhauses der beworbene Rabatt Anwendung finde.

Viele Angaben in Werbeanzeige uneindeutig

Die Kammer sah die blickfangmäßig herausgestellten Rabattzahlen zumindest als uneindeutig an. Der Leser bliebe im Zweifel, ob die Anzeige 20 Prozent und 20 Prozent, also insgesamt 40 Prozent Rabatt anpreise, oder nur jeweils 20 Prozent auf verschiedene Produkte. Eine solch blickfangmäßig herausgestellte Aussage, die isoliert betrachtet zur Täuschung geeignet sei, könne jedoch nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis korrigiert werden, der selbst am Blickfang teilhat. An einem solchen Hinweis fehle es hier. Das von der Beklagten angeführte Kleingedruckte im unteren Teil der Werbeanzeige reiche insoweit nicht aus.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle | LG München I, Urteil vom 12.1.2023, 17 HKO 17393/21, PM 1/23


Freiberufler und Gewerbetreibende:

Neue Größenklassen als Anhaltspunkt für die Häufigkeit einer Betriebsprüfung

| Nach Verwaltungsmeinung sind größere Unternehmen prüfungswürdiger als kleinere. Also kommt es für die Wahrscheinlichkeit einer Betriebsprüfung nicht zuletzt darauf an, ob ein Unternehmen als Kleinst-, Klein-, Mittel- oder Großbetrieb eingestuft wird. Die neuen Abgrenzungsmerkmale zum 1.1.2024 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun veröffentlicht. |

Die Einordnung in Größenklassen gemäß der Betriebsprüfungsordnung (§ 3 BpO 2000) erfolgt nach der Betriebsart (z. B. Handelsbetriebe und Fertigungsbetriebe), dem Umsatz und dem steuerlichen Gewinn. Regelmäßig werden neue Abgrenzungsmerkmale festgelegt, aktuell für den 24. Prüfungsturnus (1.1.2024).

Für Handelsbetriebe gilt z. B. die nachfolgende Klassifizierung. Dabei reicht es aus, dass eine der beiden Grenzen überschritten wird. Zum besseren Vergleich sind auch die Umsatz- und Gewinngrößen für den 23. Prüfungsturnus (1.1.2019) aufgeführt:

Klassifizierung für Handelsbetriebe

Größenklasse

Umsatz (über)

Gewinn (über)

Großbetrieb

1.1.2019

1.1.2024

8.600.000 EUR

14.000.000 EUR

335.000 EUR

800.000 EUR

Mittelbetrieb

1.1.2019

1.1.2024

1.100.000 EUR

8.600.000 EUR

68.000 EUR

335.000 EUR

Kleinbetrieb

1.1.2019

1.1.2024

210.000 EUR

1.100.000 EUR

44.000 EUR

68.000 EUR

Quelle | BMF, Schreiben vom 15.12.2022, IV A 8 – S 1450/19/10001 :003, Abruf-Nr. 233070 unter www.iww.de

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