Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht Info - 04.2021

6.04.2021
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Corona-Pandemie:

Wenn die außerordentliche Gesellschafterversammlung verschoben wird …

| Das Teilnahmerecht an einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung ist elementar. Daher müssen bei der Terminsfindung die Interessen der Gesellschafter berücksichtigt werden. In einem Fall des Landgerichts (LG) Stuttgart hatte dies die Verfügungsbeklagte nicht hinreichend getan. |

Das LG: Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung ist zu verschieben, wenn eine Einreise von Gesellschaftern aufgrund der Corona-Pandemie nicht rechtzeitig zu bewerkstelligen ist. Die Treuepflicht verpflichtet Gesellschafter, denen die Tagesordnung für die Gesellschafterversammlung erst 11 Tage vor der Versammlung mitgeteilt wird, nicht zu Anstrengungen, die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, die über eine (abschlägig beantwortete) Flugbuchungsanfrage hinausgehen.

Dass es den klagenden Gesellschaftern auf den Inhalt der beabsichtigten Beschlussfassung tatsächlich ankam, haben sie durch geltend gemachte Auskunftsansprüche im Hinblick auf den Inhalt der Tagesordnung bis hin zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hinreichend gegenüber der Verfügungsbeklagten dokumentiert. Für diese war gleichzeitig offensichtlich, dass eine Anreise zu einer Gesellschafterversammlung angesichts der pandemiebedingten Reiseeinschränkungen nicht in einer ähnlich kurzen Zeit geplant und erreicht werden konnte, wie dies in „gewöhnlichen Zeiten“ der Fall wäre. So war z. B. der 14-tägige Zeitraum von Quarantäneverpflichtungen bei der Einreise nach Deutschland aus bestimmten Gebieten allgemein bekannt. Dass deutlich weniger Tage für eine Reiseplanung nicht ausreichten, lag also für die Verfügungsbeklagte auf der Hand.

Quelle | LG Stuttgart, Urteil vom 10.2.2021, 40 O 46/20 KfH


Keine Umsatzsteuer:

Aufsichtsratsvergütung eines Sportvereins

| Erhält ein Mitglied des Aufsichtsrats eines Sportvereins für seine Tätigkeit eine Vergütung, unterliegt diese nicht der Umsatzsteuer. So lautet eine aktuelle Entscheidung des Finanzgerichts Köln. |

Als Mitglied des Aufsichtsrats eines Sportvereins erhielt ein Steuerpflichtiger ein jährliches Budget, das er für den Bezug von Dauer- und Tageskarten, die Erstattung von Reisekosten und den Erwerb von Fanartikeln einsetzen konnte. Das in Anspruch genommene Budget beurteilte das Finanzamt als Entgelt für seine Aufsichtsratstätigkeit und verlangte Umsatzsteuer. Das Finanzgericht (FG) Köln sah das aber anders.

Nach Ansicht des FG Köln war der Steuerpflichtige mit seiner Aufsichtsratstätigkeit nicht-selbstständig tätig und damit kein Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts. Ein Aufsichtsratsmitglied ist nur dann unternehmerisch tätig, wenn es seine Tätigkeit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausübt und das hiermit verbundene wirtschaftliche Risiko trägt. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall nicht erfüllt.

Mit seiner Entscheidung hat das FG Köln das zur Aufsichtsratsvergütung einer niederländischen Stiftung ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus 2019 entsprechend auf die Aufsichtsratsvergütung eines deutschen eingetragenen Vereins angewendet.

Das Urteil ist rechtskräftig, da das Finanzamt keine Revision eingelegt hat.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 26.11.2020, 8 K 2333/18, Abruf-Nr. 220422 unter www.iww.de; EuGH-Urteil vom 13.6.2019, C-420/18


Corona-Pandemie:

Aussetzung für Insolvenzanträge und Fristverlängerung für die Steuererklärung

| Der Bundesrat hat einer weiteren Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.4.2021 zugestimmt. Sie gilt für Unternehmen, die Leistungen aus den staatlichen Hilfsprogrammen zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie erwarten können. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass die Anträge im Zeitraum vom 1.11.2020 bis zum 28.2.2021 gestellt wurden. |

Insolvenzantragspflicht

Soweit von November bis Ende Februar aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keine Anträge gestellt werden konnten, wird die Insolvenzantragspflicht auch für solche Unternehmen ausgesetzt, die nach den Bedingungen des Programms in den Kreis der Antragsberechtigten fallen. Ausgenommen sind solche Fälle, in denen offensichtlich keine Aussicht auf die Gewährung der Hilfe besteht oder in denen die Auszahlung nichts an der Insolvenzreife ändern könnte.

Auch der Anfechtungsschutz für pandemiebedingte Stundungen wurde verlängert: Die bis Ende März 2022 geleisteten Zahlungen auf Forderungen aufgrund von Stundungen, die bis zum 28.2.2021 gewährt worden sind, gelten damit als nicht gläubigerbenachteiligend. Voraussetzung: Gegenüber dem Schuldner wurde bis zum Ablauf des 18.2.2021 kein Insolvenzverfahren eröffnet.

Steuererklärungen 2019

Die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen für 2019 durch Steuerberater wurde verlängert: Die Frist endet am 31.8.2021 und nicht, wie sonst üblich, bereits Ende Februar. Parallel wurde auch die Karenzzeit zur Verschonung von Verzugszinsen auf Steuerschulden um sechs Monate ausgeweitet. Somit beginnt der Zinslauf für den Besteuerungszeitraum 2019 am 1.10.2021.

Quelle | Gesetz zur Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und des Anfechtungsschutzes für pandemiebedingte Stundungen sowie zur Verlängerung der Steuererklärungsfrist in beratenen Fällen und der zinsfreien Karenzzeit für den Veranlagungszeitraum 2019, BGBl I 2021, S. 237; Bundesrat Kompakt, ausgewählte Tagesordnungspunkte der 1.000. Sitzung am 12.2.2021, TOP 3


Existenzgründer:

Neuerungen im Steuerrecht

| Durch das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz vom 22.11.2019 gelten für Existenzgründer einige steuerliche Neuerungen. Zu der elektronischen Übermittlungspflicht des Gründerfragebogens und der ausgesetzten Pflicht zur Abgabe monatlicher Umsatzsteuer-Voranmeldungen hat das Bundesfinanzministerium nun Stellung bezogen. |

Steuerpflichtige müssen dem Finanzamt innerhalb eines Monats nach Eröffnung eines land- und forstwirtschaftlichen oder gewerblichen Betriebs oder der Aufnahme einer freiberuflichen Tätigkeit Auskünfte über die für die Besteuerung erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse erteilen.

Ab dem 1.1.2021 sind sofern die Auskunftserteilung nicht wegen eines Härtefalls nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zugelassen wurde folgende Fragebögen (unter: www.elster.de) elektronisch zu übermitteln:

  • Aufnahme einer gewerblichen, selbstständigen (freiberuflichen) oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit (Einzelunternehmen),
  • Gründung einer Personengesellschaft/gemeinschaft,
  • Gründung einer Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft.

Umsatzsteuer-Voranmeldungen

Für Neugründer wurde die generelle Pflicht zur monatlichen Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ausgesetzt. In Neugründungsfällen ab 2021 ist wie folgt zu unterscheiden:

Im Gründungsjahr ist die voraussichtliche Steuer dieses Jahrs zu schätzen. Beträgt sie mehr als 7.500 Euro, sind Voranmeldungen monatlich zu übermitteln, anderenfalls gilt die Quartalsabgabe. Im Folgejahr ist die tatsächliche Steuer des Vorjahrs in eine Jahressteuer umzurechnen. Für die Abgabe der Voranmeldungen (monatlich oder quartalsweise) gilt dann erneut die Grenze von 7.500 Euro.

Quelle | BMF-Schreiben vom 4.12.2020, IV A 5 – O 1561/19/10003 :001, Abruf-Nr. 220309 unter www.iww.de; BMF-Schreiben vom 16.12.2020, III C3 S 7346/20/10001 :002, Abruf-Nr. 220308 unter www.iww.de


E-Mobilität:

Bald mehr Ladesäulen für E-Fahrzeuge möglich

| In Gebäuden müssen künftig mehr Ladesäulen vorgesehen bzw. geplant werden. So ist es geregelt im „Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität“ (GEIG), das der Bundesrat am 5.3.2021 gebilligt hat. |

Das Gesetz will den Ausbau von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität in Gebäuden beschleunigen. Wer ein neues Wohngebäude mit mehr als fünf Pkw-Stellplätzen plant, muss deshalb künftig die Leitungsinfrastruktur berücksichtigen. Bei neuen Nicht-Wohngebäuden gilt die Pflicht ab mehr als sechs Stellplätzen, dann muss mindestens jeder dritte Stellplatz mit Leitungsinfrastruktur ausgestattet und zusätzlich ein Ladepunkt errichtet werden. Möglich sind auch Quartierslösungen, d. h. Vereinbarungen von Bauherren oder Immobilieneigentümern, deren Gebäude in räumlichem Zusammenhang stehen, über eine gemeinsame Erfüllung bestimmter Anforderungen aus dem Gesetz. Das Gesetz gilt nicht für Gewerbeimmobilien kleiner und mittlerer Unternehmen, die weitgehend selbst genutzt werden. Wer gegen das Gesetz verstößt, muss mit Bußgeldern rechnen.

Quelle | Bundesrat Kompakt vom 5.3.2021, abrufbar unterwww.iww.de/s4748

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