Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht Info - 10.2020

9.10.2020
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Unzulässige Werbung:

Werbung mit Brillengeschenk an „Corona-Helden“nicht erlaubt

| Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat entschieden: Ein Unternehmen, das Augenoptikfachgeschäfte betreibt, darf auf seiner Website nicht mit Brillengeschenken für Angehörige bestimmter Berufsgruppen werben. |

Das Unternehmen hatte mit einer Gratisbrille für „unsere Helden – exklusiv für Pflegerinnen, Pfleger, Ärztinnen und Ärzte“ geworben. Das OLG Stuttgart hat anders als vor ihm das Landgericht (LG) diese Werbung untersagt.

Das schloss das Gericht aus den einschlägigen Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Bei der Werbung handele es sich um eine unlautere geschäftliche Handlung, da die kostenlose Abgabe von Brillen gegen das HWG verstoße. Danach ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) für Medizinprodukte wie Brillen anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, soweit die Werbemittel nicht unter die dort genannten Ausnahmetatbestände fallen. Das OLG: Hier liege auch eine von dem Verbot erfasste Produktwerbung vor, da das Optikunternehmen damit für sein Produktsortiment mit bestimmten Kollektionen und Gläsern einer bestimmten Marke werbe. Somit liege hier nicht bloß erlaubte allgemeine Firmenwerbung vor.

Zudem handle es sich bei der kostenlosen Abgabe einer Brille, auch im Rahmen einer Dankesaktion für „Corona-Helden“, um eine Werbegabe. Diese könne Werbeadressaten unsachgemäß beeinflussen. Schon der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu entschieden: Eine unmittelbare Kopplung zwischen dem Erhalt der Werbegabe und einer Kaufentscheidung wird für das Bestehen der Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung nicht vorausgesetzt. Vielmehr genüge allein die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Beschenkten (sog. Publikumswerbung).

Diese Gefahr liege hier darin, dass sich der durch die Werbung Angesprochene für die Leistung (Brillengestell und Glas) entscheide, ohne die Mitbewerberprodukte mit in seine Entscheidung einzubeziehen. Daneben sei es denkbar, dass die Beschenkten aus Dankbarkeit weitere Brillen der Beklagten kaufen.

Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel.

Quelle | OLG Stuttgart, Urteil vom 6.8.2020, 2 W 23/20, Abruf-Nr. 217746 unter www.iww.de; PM vom 24.8.2020


Kommanditgesellschaft:

Sozialversicherungspflicht: Kommanditist einer KGkann abhängig beschäftigt sein

| Ob der Kommanditist einer Kommanditgesellschaft (KG) im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses sozialversicherungspflichtig mitarbeitet oder ob er in seiner ausgeübten Tätigkeit selbst handelnder Mitunternehmer ist, beurteilt sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls. Darauf hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hingewiesen und einen Kommanditisten im Streitfall als abhängig Beschäftigten eingestuft. |

Für die Abgrenzung kommt es nach Ansicht des LSG darauf an, ob das Tätigwerden des Kommanditisten auf der Verpflichtung als Gesellschafter beruht, d. h., ob sich die Pflicht zur Arbeitsleistung ausschließlich und unmittelbar aus dem Gesellschaftsverhältnis ergibt oder ob seine Tätigkeitspflicht auf einem Vertrag über eine Mitarbeit gründet.

Gemessen daran war der Kommanditist im Streitfall im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für die KG tätig. Der Gesellschaftsvertrag begründete keine Dienstleistungspflicht des Kommanditisten. Es war nicht geregelt, dass die Kommanditisten mitarbeiten mussten. Der Kommanditist wurde vielmehr aufgrund einer eigenständigen Rechtsbeziehung mit der KG tätig. Das wird auch dadurch belegt, dass nicht alle Kommanditisten der KG eine Tätigkeitsvergütung erhielten. Eine solche erhielten nur die mitarbeitenden Kommanditisten.

Beachten Sie | Des Weiteren war der Kommanditist in den Betrieb der KG funktionsgerecht dienend eingegliedert und trug auch nur ein begrenztes Unternehmerrisiko.

Quelle | LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.7.2020, L 5 BA 4158/19, Abruf-Nr. 217303 unter www.iww.de


Umsatzsteuer:

Keine Rechnungsberichtigungbei unzureichender Leistungsbeschreibung

| Ein Dokument ist nur dann eine Rechnung und damit rückwirkend berichtigungsfähig, wenn es eine Leistungsbeschreibung enthält. Hierzu hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun klargestellt, dass eine ganz allgemein gehaltene Leistungsbeschreibung („Produktverkäufe“) nicht ausreicht. |

War der Vorsteuerabzug z. B. wegen einer unvollständigen Rechnung unzutreffend, kann dies zu hohen Nachzahlungszinsen führen. Es besteht aber eine Berichtigungsmöglichkeit, wenn das Ursprungsdokument umsatzsteuerrechtlich eine Rechnung darstellt. Dies ist der Fall, wenn es folgende Mindest-Bestandteile enthält:

  • Rechnungsaussteller,
  • Leistungsempfänger,
  • Leistungsbeschreibung,
  • Entgelt,
  • gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer.

Der Bundesfinanzhof fordert in diesem Zusammenhang nicht die inhaltliche Richtigkeit der Angaben. Dies darf allerdings nicht dazu führen, dass Angaben im Hinblick auf die Mindest-Bestandteile derart ungenau oder falsch sind, dass sie einem Fehlen dieser Angaben gleichzusetzen sind.

So verhält es sich, wenn sich aus der Abrechnung keinerlei Anhaltspunkte für die Art des gelieferten Gegenstands oder der sonstigen Leistung ergeben. Nach diesen Maßstäben fehlte es im Streitfall an einer berichtigungsfähigen Rechnung. Denn die Angabe „Sales Products“ nimmt Bezug auf Produktverkäufe, lässt jedoch die Art der verkauften Produkte gänzlich offen.

Quelle | BFH, Urteil vom 12.3.2020, V R 48/17, Abruf-Nr. 217484 unter www.iww.de


Gemeinnützige Körperschaft:

Unverhältnismäßig hohe Geschäftsführervergütungengefährden die Gemeinnützigkeit

| Gewährt eine gemeinnützige Körperschaft ihrem Geschäftsführer unverhältnismäßig hohe Tätigkeitsvergütungen, liegen sogenannte Mittelfehlverwendungen vor, die zum Entzug ihrer Gemeinnützigkeit führen können. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) aktuell entschieden. |

Ob im Einzelfall unverhältnismäßig hohe Vergütungen anzunehmen sind, ist durch einen Fremdvergleich zu ermitteln. Als Ausgangspunkt hierfür können allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen für Wirtschaftsunternehmen herangezogen werden, ohne dass dabei ein „Abschlag“ für Geschäftsführer von gemeinnützigen Organisationen vorzunehmen ist.

Da sich der Bereich des Angemessenen auf eine Bandbreite erstreckt, sind nur diejenigen Bezüge als unangemessen zu bewerten, die den oberen Rand dieser Bandbreite um mehr als 20 % übersteigen. Liegt ein unangemessen hohes Geschäftsführergehalt vor, ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ein Entzug der Gemeinnützigkeit allerdings erst gerechtfertigt, wenn es sich nicht lediglich um einen geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot handelt.

Im Streitfall hatte das Finanzamt einer gGmbH wegen unangemessen hoher Geschäftsführerbezüge die Gemeinnützigkeit für die Jahre 2005 bis 2010 versagt. Das Finanzgericht (FG) Mecklenburg-Vorpommern hatte die dagegen erhobene Klage abgewiesen, was der BFH im Wesentlichen bestätigte. Die Revision war nur in Bezug auf die Jahre 2006 und 2007 erfolgreich, weil das FG für 2006 nicht berücksichtigt hatte, dass die Angemessenheitsgrenze nur geringfügig (um ca. 3.000 EUR) überschritten war und es für 2007 unterlassen hatte, bei der Angemessenheitsprüfung einen Sicherheitszuschlag anzusetzen.

Quelle | BFH, Urteil vom 12.3.2020, V R 5/17, Abruf-Nr. 217488 unter www.iww.de; PM Nr. 35/20 vom 20.8.2020

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