Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht Info - 11.2020

15.11.2020
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Internationaler Wettbewerb:

Madrid oder Mailand – Hauptsache Spanien: „Product of Italy“ für spanischen Schaumwein nicht irreführend

| Schaumwein aus in Italien geernteten und zu Wein verarbeiteten Trauben darf als Produkt aus Italien beworben werden, auch wenn die zweite Gärung und damit verbundene Verarbeitung des Grundweins zu Schaumwein in Spanien erfolgt. Die in der EU geforderte Herkunftsangabe knüpft entweder an das Land an, in dem die Trauben geerntet und zu Wein verarbeitet werden, oder aber das Land, in dem die zweite Gärung zu Schaumwein erfolgt. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main wies daher die Beschwerde eines Weinherstellers zurück. |

Die Antragstellerin betreibt eine große deutsche Weinkellerei. Die Antragsgegnerin vertreibt Schaumweine, u.a. den Schaumwein „Italian Rosé“, den sie als „Product of Italy“ bezeichnet. Die Trauben dieses Schaumweins werden in Italien geerntet, wo sie auch zu Wein verarbeitet werden. In einem zweiten Schritt werden diesem „Grundwein“ Likör und Zucker sowie Hefe zugesetzt. Dieser als „zweite Gärung“ bezeichnete Schritt findet in Spanien statt. Die Antragstellerin hält die Bewerbung des Schaumweins als „Product of Italy“ für irreführend und wettbewerbswidrig.

Das Landgericht hatte im Eilverfahren Unterlassungsansprüche der Antragstellerin gegen die geschilderte Bewerbung des Schaumweins zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die Antragstellerin könne nicht verlangen, dass die Antragsgegnerin es unterlasse, den Schaumwein mit den streitgegenständlichen Angaben als italienisches Produkt zu bewerben, denn die Herkunftsangabe sei zutreffend.

Die Angabe der Herkunft stelle eine obligatorische Pflichtangabe für in der EU vermarkteten oder für die Ausfuhr bestimmten Schaumwein dar. Diese erfolge durch die Wörter „Wein aus“, „erzeugt in“, „Erzeugnis aus“ oder entsprechende Begriffe, wobei der Name des Mitgliedstaates oder Drittlandes hinzugefügt wird, „in dem die Trauben geerntet und zu Wein verarbeitet werden“. Hier würden die Trauben in Italien geerntet und auch dort zu Wein verarbeitet. Die zweite, in Spanien erfolgende Gärung ändere nichts an der in Italien erfolgten Traubenernte und Verarbeitung zu Wein i.S.d. einschlägigen Verordnung. Mit der Wendung „zu Wein verarbeitet“ sei auch nicht bereits das Endprodukt Schaumwein gemeint. Der Ort der zweiten Gärung könne vielmehr alternativ als Herkunftsangabe gewählt werden. Es sei auch nicht die Intention des Verordnungsgebers gewesen, dass ein Schaumwein nur dann als Produkt aus Italien bezeichnet werden dürfe, wenn nicht nur die Trauben von dort stammten und dort zu Grundwein verarbeitet worden seien, sondern auch der Schaumwein dort hergestellt worden sei. Die Verordnung ermögliche vielmehr die Anknüpfung an verschiedene Herstellungsprozesse und damit verbunden unterschiedliche Herkunftsangaben.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle | OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 11.9.2020, 6 W 95/20, Abruf-Nr. 218368 unter www.iww.de; PM vom 21.09.2020


Arbeitgeber:

Elektronische Lohnsteuerbescheinigung: Muster für 2021 veröffentlicht

| Der Jahreswechsel naht. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat das Muster für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2021 veröffentlicht. |

Beachten Sie | Der Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung kann vom amtlichen Muster abweichen, wenn er sämtliche Angaben in gleicher Reihenfolge enthält und in Format und Aufbau dem bekannt gemachten Muster entspricht.

Quelle | BMF, Bekanntmachung vom 9.9.2020, IV C 5 – S 2533/19/10030 :002, Abruf-Nr. 217778 unter www.iww.de


Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften:

Der Jahresabschluss 2019 ist bis Ende 2020 offenzulegen

| Offenlegungspflichtige Gesellschaften (insbesondere AG, GmbH und GmbH & Co. KG) müssen ihre Jahresabschlüsse spätestens zwölf Monate nach Ablauf des betreffenden Geschäftsjahres beim Bundesanzeiger elektronisch einreichen. Ist das Geschäftsjahr das Kalenderjahr, muss der Jahresabschluss für 2019 somit bis zum 31.12.2020 eingereicht werden. |

Beachten Sie | Auch Gesellschaften, die aktuell keine Geschäftstätigkeit entfalten, sowie Gesellschaften in Insolvenz oder Liquidation müssen offenlegen.

Kommt das Unternehmen dieser Pflicht zur Offenlegung verspätet oder lückenhaft nach, leitet das Bundesamt für Justiz ein Ordnungsgeldverfahren ein. Das Unternehmen wird aufgefordert, innerhalb einer sechswöchigen Nachfrist den gesetzlichen Offenlegungspflichten nachzukommen. Gleichzeitig droht das Bundesamt ein Ordnungsgeld an (regelmäßig in Höhe von 2.500 Euro). Sofern das Unternehmen der Aufforderung nicht entspricht, wird das Ordnungsgeld festgesetzt.

Ordnungsgeldandrohungen und -festsetzungen können so lange wiederholt werden, bis die Veröffentlichung erfolgt ist. Die Ordnungsgelder werden dabei schrittweise erhöht. Mit der Androhung werden den Beteiligten zugleich die Verfahrenskosten auferlegt. Diese entfallen nicht dadurch, dass der Offenlegungspflicht innerhalb der gesetzten Nachfrist nachgekommen wird.

Beachten Sie | Kleinstkapitalgesellschaften müssen nur ihre Bilanz (also keinen Anhang und keine Gewinn- und Verlustrechnung) einreichen. Zudem haben sie bei der Offenlegung ein Wahlrecht: Sie können ihre Publizitätsverpflichtung durch Offenlegung oder dauerhafte Hinterlegung der Bilanz erfüllen. Hinterlegte Bilanzen sind nicht unmittelbar zugänglich; auf Antrag werden diese kostenpflichtig an Dritte übermittelt.


Freiberufler und Gewerbetreibende:

Neue Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) 2020

| Durch das (Erste) Corona-Steuerhilfegesetz ist für nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.7.2021 erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (mit Ausnahme von Getränken) der ermäßigte Umsatzsteuersatz anzuwenden. Und das wirkt sich auch auf die für das Jahr 2020 geltenden Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) aus. Das Bundesfinanzministerium hat nun eine Unterteilung in zwei Halbjahre vorgenommen. |

Hintergrund: Die Pauschbeträge bieten dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, Warenentnahmen monatlich pauschal zu verbuchen. Sie entbinden ihn damit von der Aufzeichnung vieler Einzelentnahmen.

Zu- oder Abschläge zur Anpassung an die individuellen Verhältnisse sind unzulässig. Wurde der Betrieb jedoch wegen einer landesrechtlichen Verordnung, einer kommunalen Allgemeinverfügung oder einer behördlichen Anweisung vollständig wegen der Corona-Pandemie geschlossen, kann ein zeitanteiliger Ansatz der Pauschbeträge erfolgen.

Quelle | BMF-Schreiben vom 27.8.2020, IV A 4 S 1547/19/10001 :001, Abruf-Nr. 217812 unter www.iww.de


Wettbewerb: Wiederholte irreführende Werbung:

Hohe Vertragsstrafe für Möbelhaus

| Das Landgericht (LG) Flensburg sah 30.000,- EUR als angemessene Vertragsstrafe an, da ein Möbelhaus wiederholt irreführend geworben und falsche Angaben zu seinen Verkaufsprodukten gemacht hatte. |

Das Möbelhaus war „Wiederholungstäter“: Es hatte schon zweimal irreführend für seine Produkte geworben und für seine Möbel die falsche Holzart angegeben. Nun ging es um den mittlerweile dritten Verstoß. Der Verband Sozialer Wettbewerb forderte eine Vertragsstrafe in o.g. Höhe.

Zu Recht, sagte das LG Flensburg. Die Vertragsstrafe sei noch angemessen, obwohl der jetzige Verstoß nur bei einem Möbel aus dem unteren Preissegment vorgelegen habe und dessen Auswirkung auf den Wettbewerb geringfügig gewesen sei. Das LG hob hervor: Der Wettbewerbsverband vertrete das Interesse seiner Mitglieder an der Einhaltung der Wettbewerbsregeln und die Beklagte habe die Wettbewerbsregeln mehrfach verletzt. Die bisherigen Vertragsstrafen seien ohne Wirkung geblieben.

Aus diesem Grund müsse die Vertragsstrafe das Unternehmen von einer weiteren Verletzung des Wettbewerbsrechts abhalten. Deren Höhe hänge auch von der Größe des Unternehmens und den aufzuwendenden Kosten zur Vermeidung von Wettbewerbsverstößen ab. Die Beklagte hatte im vorangegangenen Geschäftsjahr in Deutschland einen Umsatz in Höhe von 1,1 Milliarden Euro vorzuweisen. Damit schien dem LG eine wesentlich geringere Vertragsstrafe zur Einwirkung hier nicht geeignet. Die verhängte Vertragsstrafe führe auch nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Beklagten, so das LG.

Quelle | LG Flensburg, Urteil vom 10.7.2020, 6 HKO 42/19, Abruf-Nr. 218367 unter www.iww.de

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