Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht Info - 12.2022

4.12.2022
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Steuererleichterungen:

Umsatzsteuerentlastung für die Gastronomie bis Ende 2023 verlängert

| Die Absenkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie von 19 % auf 7 % wurde bis zum 31.12.2023 verlängert. Ausgenommen sind allerdings weiterhin Getränke, das heißt, hier gilt der reguläre Umsatzsteuersatz von 19 %. |

Beachten Sie | Eigentlich wäre die in der Corona-Pandemie eingeführte Stützungsmaßnahme für die Gastronomie zum 31.12.2022 ausgelaufen. Nun sollen auch die Folgen der gestiegenen Energiepreise abgemildert werden.

Quelle | Achtes Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 24.10.2022, BGBl I 2022, S. 1838


Selbstständige Künstler und Publizisten:

Künstlersozialabgabe steigt in 2023 auf 5,0 %

| Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung wurde um 0,8 % angehoben. Somit liegt er im Jahr 2023 bei 5 %. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS ) hat zu der Anpassung Stellung genommen. |

Der Künstlersozialabgabesatz lag seit 2018 bei 4,2 %. Dies wurde durch zusätzliche Bundesmittel in Höhe von insgesamt 117 Mio. Euro in den Jahren 2021 und 2022 gewährleistet. Wegen der großen wirtschaftlichen Schäden in der Kunst- und Kulturwirtschaft infolge der Corona-Pandemie hätte der Abgabesatz für 2023 eigentlich auf 5,9 % angehoben werden müssen. Durch weitere Bundesmittel (in Höhe von rund 58,9 Mio. Euro) wurde der Anstieg des Abgabesatzes im Jahr 2023 auf 5,0 % begrenzt.

Über die Künstlersozialversicherung werden über 190.000 selbstständige Künstler und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen.

Die Künstler und Publizisten tragen, wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird finanziert durch einen Bundeszuschuss (20 %) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen (30 %), die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten.

Quelle | Künstlersozialabgabe-Verordnung 2023, BGBl I 2022, S. 1508; BMAS, „Künstlersozialabgabe künftig bei 5,0 Prozent“, Mitteilung vom 11.8.2022


Solo-Selbstständige:

Corona-Soforthilfen nicht zurückzuzahlen

| Die Bescheide, mit denen die Bezirksregierung Düsseldorf geleistete Corona-Soforthilfen von den Empfängern teilweise zurückgefordert hat, sind rechtswidrig. Den gegen diese Schlussbescheide gerichteten Klagen dreier Zuwendungsempfänger gegen das Land Nordrhein-Westfalen hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf jetzt stattgegeben. |

Als im Frühjahr 2020 kleine Unternehmen und Selbstständige durch verschiedene infektionsschutzrechtliche Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie in wirtschaftliche Notlagen gerieten, schufen Bund und Länder Programme, um kurzfristig Finanzhilfen bereitzustellen.

Das war geschehen

Solche Soforthilfen erhielten auch die Kläger der heute entschiedenen Verfahren. Der Betreiber eines Düsseldorfer Schnellrestaurants musste ebenso wie die Betreiberin eines Kosmetikstudios aus Remscheid während des Lockdowns im Frühjahr 2020 zeitweise den Betrieb schließen. Ein Steuerberater aus Düsseldorf, der einen Großteil seiner Umsätze durch die Aus- und Fortbildung von Steuerberatern erwirtschaftet, erlitt durch den Wegfall von Präsenzvorträgen Umsatzeinbußen. Nachdem die drei Kläger zunächst aufgrund von Ende März bzw. Anfang April 2020 erlassenen Bewilligungsbescheiden der zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf Soforthilfen in Höhe von jeweils 9.000,- Euro erhalten hatten, setzte die Behörde im Rahmen sog. Rückmeldeverfahren später die Höhe der Soforthilfe auf ca. 2.000 Euro fest und forderte etwa 7.000 Euro zurück.

Auf die Förderpraxis während des Antragsverfahrens kommt es an

Diese Schlussbescheide sind rechtswidrig. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Schlussbescheide kam es auf die Förderpraxis des Landes während des Antragsverfahrens bis zum Erlass der Bewilligungsbescheide an. Die in den Bewilligungsbescheiden zum Ausdruck gekommene Verwaltungspraxis des Landes stimmte mit den in den Schlussbescheiden getroffenen Festsetzungen nicht überein. Während des Bewilligungsverfahrens durften die Hilfeempfänger aufgrund von Formulierungen in online vom Land bereitgestellten Hinweisen, den Antragsvordrucken und den Zuwendungsbescheiden eher davon ausgehen, dass pandemiebedingte Umsatzausfälle für den Erhalt und das Behaltendürfen der Geldleistungen ausschlaggebend sein sollten.

Schlussbescheid: Rückforderung basierte auf abweichender Förderpraxis

Demgegenüber stellte das Land bei Erlass der Schlussbescheide auf das Vorliegen eines Liquiditätsengpasses ab, der eine Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Geschäftsbetriebs, also einen Verlust, voraussetzte. Dies ist rechtsfehlerhaft, weil diese Handhabung von der maßgeblichen Förderpraxis abwich. Mit Blick darauf konnte auch die Richtlinie des damaligen Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW vom 31.5.2020, die erstmals eine Definition des Begriffs des Liquiditätsengpasses enthielt, trotz ihres rückwirkenden Inkrafttretens bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Schlussbescheide nicht berücksichtigt werden.

Missverständliche Formulierung im Bewilligungsbescheid

Abgesehen davon waren die ursprünglichen Bewilligungsbescheide hinsichtlich einer etwaigen Rückerstattungsverpflichtung auch missverständlich formuliert. Insbesondere konnten die Zuwendungsempfänger dem Inhalt der Bescheide nicht verlässlich entnehmen, nach welchen Parametern eine Rückzahlung zu berechnen sei.

500 weitere Klagen

Beim VG Düsseldorf sind noch weitere ca. 500 Klageverfahren rund um den Komplex der Corona-Soforthilfen anhängig. Wie mit diesen umzugehen ist, wird die Kammer in Kürze entscheiden. In den drei hier entschiedenen Streitigkeiten, die repräsentativ für einen Großteil der weiteren Verfahren sind, hat die Kammer wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Berufung zum Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen zugelassen.

Quelle | VG Düsseldorf, Urteil vom 16.8.2022, 20 K 7488/20, 20 K 217/21 und 20 K 393/22, PM vom 16.8.2022


Strafbare Handlungen:

Nutzung einer Großmarkthalle darf widerrufen werden

| Ein Widerruf der Zuweisung von Büroflächen sowie Lkw-Stellplätzen einer Großmarkthalle, die von einer Kommune als öffentliche Einrichtung betrieben wird, wegen begangener Steuerstraftaten, kann rechtmäßig sein. Dies entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH). |

Der Widerruf müsse die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Markthallen bezwecken. Je nach den Umständen des Einzelfalls sei dies auch der Fall, wenn der Zuwendungsnehmer strafbare Handlungen außerhalb der Markthallen und nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem dort ausgeübten Gewerbe begangen habe. Durch die hier verwirklichten Hinterziehungstaten sei die „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ auf dem Lebensmittelmarkt erheblich beeinträchtigt worden. Der Widerruf wegen strafbarer Handlungen in einem schwerwiegenden Fall sei rechtmäßig.

Quelle | Bayerischer VGH, Urteil vom 30.5.2022, 4 ZB 21.2660, Abruf-Nr. 230576 unter www.iww.de


Umsatzsteuer:

Betrieb von Geldspielautomaten: Umsatzsteuerpflicht auch nach dem 1.7.2021

| Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten sind auch nach der zum 1.7.2021 in Kraft getretenen Gesetzesänderung für virtuelle Automatenspiele umsatzsteuerpflichtig. So lautet ein Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH). |

Der BFH hatte bereits mehrfach entschieden, dass Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten umsatzsteuerpflichtig sind. Bis zum 30.6.2021 galt dies unabhängig davon, ob es sich um Umsätze in Spielhallen oder Online-Umsätze (sog. virtuelle Automatenspiele) handelte.

Zum 1.7.2021 hat der Gesetzgeber die gesetzlichen Grundlagen geändert:

Hintergrund der Änderung war u. a., dass Online-Angebote hinsichtlich ihrer Spielsucht auslösenden Aspekte anders einzustufen seien als die terrestrischen Angebote (z. B. in Spielhallen).

Mit seinem Beschluss hat der BFH nun klargestellt, dass diese Ungleichbehandlung zulässig ist. Umsätze in Spielhallen und Online-Umsätze sind aus mehreren Gründen (unterschiedliche Ausschüttungsquoten, unterschiedliche Verfügbarkeit, potenziell größerer Kundenkreis online, unterschiedliche Spielsuchtrisiken) nicht vergleichbar.

Beachten Sie | Anders als terrestrische Umsätze werden auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen aufgrund einer Mehrwertsteuer-Sonderregelung zwingend am Ort des Leistungsempfängers besteuert. Die Europäische Union hat diese Sonderregelung eingeführt, um sicherzustellen, dass eine Besteuerung solcher Dienstleistungen in der EU erfolgt, wenn sie in der EU verbraucht werden. Dies rechtfertigt, so der BFH, die unterschiedliche Besteuerung von terrestrischen Umsätzen und Online-Umsätzen.

Quelle | BFH, Beschluss vom 26.9.2022, XI B 9/22 (AdV), Abruf-Nr. 231896 unter www.iww.de; PM Nr. 45/22 vom 20.10.2022

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